Gregor Schäpers war Freiwilligendienstler des Bistums Münster in Cardonal – und blieb

Kochen und Backen mit Solarenergie: Niederrheiner hilft in Mexiko

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300 Sonnentage im Jahr gibt es in der Region rund um Cardonal in Mexiko, der das Bistum Münster partnerschaftlich verbunden ist. Gregor Schäpers war als Freiwilligendienstler des Bistums dort - und blieb. Er entwickelt Technik, um die Sonnenenergie zu nutzen - zum Beispiel fürs Backen und Kochen.

Gregor Schäpers aus Xanten krempelt die Ärmel hoch und bearbeitet Hefeteig, während draußen in der mexikanischen Halbwüste die Kakteen der Mittagshitze trotzen. Als der Kuchen – mit Apfelmus bestrichen – im Ofen verschwindet, kommt die Sonne zum Einsatz – der Ofen ist solarbetrieben.

Möglich wird das durch einen sogenannten „Scheffler-Reflektor“, der vor Schäpers‘ Küchenfenster steht. Er konzentriert das Sonnenlicht auf einen Punkt, der einen Eisenkern aufheizt und so genügend Wärme erzeugt, dass eine mehrköpfige Familie davon tagsüber kochen oder backen kann. Mit solchen Reflektoren will Schäpers seine Wahlheimat, das Mezquital-Tal, ins 21. Jahrhundert katapultieren.

 

Adveniat und Bistum Münster finanzieren Projekt mit

 

Die Gegend, drei Stunden von Mexiko-Stadt entfernt, gehört wegen ihrer kargen Böden zu den armen Teilen Mexikos. Die Menschen leben von Viehzucht, etwas Tourismus und dem Anbau von Agaven, die als Nahrungsmittel, Viehfutter, als Rohmaterial für Sirup oder das Agavenbier „Pulque“ dienen. Es regnet selten – ideale Voraussetzung für Schäpers Reflektoren.

Gebaut hat er sie in einer Werkstatt, die das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat und das Bistum Münster mitfinanziert haben, das mit dem Bistum Tula eine Partnerschaft pflegt. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils lernten sich die Bischöfe von Münster und Tula kennen und beschlossen, in Cardonal im Mezquital-Tal ein Sozialzentrum aufzubauen.

 

Schäpers übernahm die Werkstatt der Canisianer

 

Geleitet wurde es von zwei Canisianerbrüdern aus Münster, die Pastoral- und Entwicklungsarbeit leisteten. In der angeschlossenen Werkstatt entwarfen sie Modelle für Kirchen – und für Landmaschinen. Neben der Seelsorge wurden auch Webereien, Schweinezuchten und Nähereien aufgebaut.

Schäpers kam in den 1990er Jahren über den Freiwilligendienst des Bistums Münster nach Cardonal und war beeindruckt von dem Wandel, den die Kirche bewirkt hatte. Nach einem Studium der Regionalwissenschaften Lateinamerika kehrte er zurück, heiratete 2006 eine Mexikanerin und gründete seine eigene Firma „Trinysol“. 2016 übernahm er die Werkstatt, als die Canisianer sich altersbedingt zurückziehen mussten.

 

Solares Kochen

 


Inmitten der Kakteen-Landschaft hat Gregor Schäpers seine Reflektoren aufgebaut. | Foto: Hans-Maximo Musielik (Adveniat).

Solar-Warmwasserboiler und Scheffler-Reflektoren waren die ersten Produkte, die „Trinysol“ fertigte. Noch immer stehen sie bei vielen Hotels der Gegend auf dem Dach. Heute aber mache ihm die billigere Konkurrenz aus China zu schaffen, sagt der 44-jährige Familienvater.

Deshalb setzt er nun auf solares Kochen und auf die Scheffler-Paneele, die das möglich machen. Sie wirken wie überdimensionale Satellitenschüsseln und geben der von Schafen und Kakteen dominierten Wüstenlandschaft einen futuristischen Anstrich. In Indien sind die Paneele bereits in Großküchen auf dem Land im Einsatz. Schäpers hat sie verfeinert und experimentiert mit unterschiedlichen Materialien für die kleinen Spiegel.

 

Entsteht eine Solar-Ökonomie?

 

Solares Kochen und Destillieren sieht er auch als Schritte weg von fossilen Energien. Kunden sieht er vor allem im Mittelstand – in Bäckereien und Tortilla-Fabriken, in Käsereien und Tequila-Brennereien, von denen es im Umkreis und im sonnenreichen Mexiko viele gibt. Gelänge es, in der Region eine Solar-Ökonomie zu etablieren, könnte das Mezquital-Tal Vorreiter werden.

„Die Technologie schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe“, sagt Schäpers. Solarenergie sei sauber, kostengünstig und vermindere den Brennholzbedarf. So werde der Mittelstand der Region gestärkt, zudem könne die einmalige Kakteen-Kulturlandschaft erhalten und gleichzeitig wirtschaftlich genutzt werden.

 

„300 Sonnentage im Jahr – das muss man nutzen“

 


Cutberto Romero arbeitet als Dreher für die Firma von Gregor Schäpers. | Foto: Hans-Maximo Musielik (Adveniat).

Außerdem schafft die neue Technologie Arbeitsplätze: In der ehemaligen Werkstatt der Canisianer sind derzeit 15 Angestellte beschäftigt. Einer von ihnen ist Cutberto Romero. Seit 1993 arbeitet er hier als Dreher und konnte damit seinen drei Söhnen ein Studium ermöglichen.

„Die Werkstatt ist einmalig in der Region, ohne sie wären wir kaum so weit gekommen“, sagt Romero. In der Solarenergie sieht er die Zukunft für Mexiko. „Wir haben über 300 Sonnentage im Jahr, es wäre doch dumm, das nicht zu nutzen“, sagt der 55-Jährige. Einen Solar-Warmwasserboiler von „Trinysol“ hat er selbst seit zehn Jahren auf dem Hausdach.

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