Ergebnisse der Missbrauchsstudie für das Bistum Münster vorgestellt

Köster: „Die Opfer müssen im Mittelpunkt stehen“

Generalvikar Norbert Köster hat die Ergebnisse der Missbrauchsstudie für das Bistum Münster vorgestellt. „Aufarbeitung ist immer ein Beitrag zur Prävention“, sagte er. Kirche und Staat müssten Missbrauch härter bestrafen.

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Die Deutsche Bischofskonferenz hat die sogenannte MHG-Studie (benannt nach den Forschungsorten Mannheim-Heidelberg-Gießen) in Fulda vorgestellt. Damit will die katholische Kirche in Deutschland mehr Klarheit und Transparenz zum Thema „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige“ erlangen.

Im Anschluss an die Vorstellung der Studie in Fulda sprach Generalvikar Norbert Köster in Münster am selben Tag über die Ergebnisse für das Bistum Münster. Hier zusammengefasst seine Äußerungen:

 

Die Methode

 

Untersucht wurden im Bistum alle Personalakten von Priestern, hauptamtlichen Diakonen und Ordensgeistlichen mit Gestellungsvertrag, die zwischen Anfang 2000 und Ende 2015 im Bistum Münster eine Funktion ausübten oder sich im Ruhestand befanden. Zusätzlich wurde das Geheimarchiv des Bistums hinsichtlich von Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker zwischen 1946 und Ende 2015 ausgewertet.

 

Der Auftrag

 

Das Bistum beauftragte mit der Studie nach Angaben von Köster die axis-Beratungsgruppe in Köln. Damit wollte die Diözese die Unabhängigkeit der Ergebnisse sicherstellen. Die Mitarbeiter von axis hatten jederzeit freien Zugang zu den Akten in den Personalarchiven.

 

Die Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 1708 Akten geprüft. Bei 138 Klerikern fanden sich Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Aus den ausgewerteten Akten lassen sich 450 Betroffene identifizieren. Bei 4,7 Prozent der Kleriker, deren Akten für den Zeitraum zwischen 2000 und 2015 ausgewertet wurden, finden sich Beschuldigungen.

 

Zahlungen

 

Seit 2011 hat das Bistum Münster in 158 Fällen Zahlungen geleistet zur Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde. Die Summe beläuft sich auf insgesamt 937.800 Euro. Hinzu kommen Übernahmen von Therapiekosten in Höhe von 186.807 Euro und soziale Unterstützungen von 106.952 Euro.

 

Sanktionen

 

Generalvikar Köster hält die Sanktionsmaßnahmen in Fällen von sexuellem Missbrauch für unzureichend. Er betonte, die Kirche und der Staat müssten Missbrauch stärker bestrafen. Nötig sei eine Abschaffung der Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch. Das wäre nach den Worten von Köster ein zentrales Signal an die Opfer. Den Tätern wäre damit klar, dass sie mit ihren Verbrechen nicht davon kommen würden.

 

Die Rolle der Kirche

 

Nach Ansicht von Köster darf nicht die Institution und ihre durch den Missbrauch schwer beschädigte Glaubwürdigkeit im Mittelpunkt stehen – vielmehr müsse der Blick ohne Wenn und Aber den Opfern gelten. Die Studie macht laut Köster auch den Missbrauch von Macht deutlich. Er sei häufig verbunden gewesen mit völlig unzureichenden Sanktionsmaßnahmen und dem Mechanismus, Beschuldigte einfach zu versetzten.

 

Der Blick auf die Opfer

 

Laut Köster sollte es zwei Blickrichtungen geben: Die Täter müssten mit aller rechtlich möglichen Härte zur Rechenschaft gezogen werden, soweit das noch machbar sei. Er ermutigte die Opfer sexuellen Missbrauchs, das zu berichten, was ihnen angetan worden sei. Dann könne es noch mehr Klärungen geben. Zugleich müsse die Kirche nach vorne Maßnahmen ergreifen und möglichst verhindern, dass es weitere Opfer gebe.

Beratungstelefon
Die Deutsche Bischofskonferenz hat ein Beratungstelefon für Betroffene von sexuellem Missbrauch freigeschaltet. Die Rufnummer 0800-0005640 ist bis zum 28. September von 14 bis 20 Uhr besetzt und in Deutschland kostenfrei erreichbar. Außerhalb dieser Zeit läuft ein Anrufbeantworter, auf dem man um Rückruf bitten kann.
Zusätzlich ist eine Internetberatung unter www.hilfe-nach-missbrauch.de besetzt.
Das Angebot richtet sich an Betroffene von sexualisierter Gewalt, nicht an besorgte und verärgerte Menschen. Es können sich auch Betroffene melden, die in nicht-kirchlichen Kontexten Missbrauch erlebt haben.