Seelsorgeamts-Leiter zur Zufriedenheits-Studie im Bistum

Kollig: Genauer hinsehen – nicht nur auf die Katholiken

Pater Manfred Kollig sieht die Kirche im Bistum Münster gefordert, noch genauer wahrzunehmen, was Menschen bewegt, was sie von der Kirche erwarten und was sie an ihr kritisieren.

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Pater Manfred Kollig sieht die Kirche im Bistum Münster gefordert, noch genauer wahrzunehmen, was Menschen bewegt, was sie von der Kirche erwarten und was sie an ihr kritisieren. Er spreche bewusst von „den Menschen“, sagte der Leiter der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat gegenüber der Wochenzeitung „Kirche+Leben“. Es genüge nicht, „nur auf die Kirche“ zu schauen, und selbst dort oft nur auf eine „kleine Minderheit“. Katholiken seien von Jesus her „zum Dienst für alle berufen“.

Kollig äußerte sich, nachdem Ergebnisse einer repräsentativen Studie zur Zufriedenheit der Katholiken im Bistum Münster vorgelegt worden waren. 70 Prozent der Befragten gaben an, mit der Kirche nur „mehr oder weniger“ zufrieden oder gar unzufrieden zu sein. Besser schnitt die Pfarrei vor Ort ab; mit ihren Angeboten zeigte sich knapp jeder Zweite zufrieden.

 

Konkret nachfragen

 

Der Seelsorgeamts-Leiter will die Katholiken konkret fragen, was sie zufriedener machen würde: „Wie müsste die Gemeinschaft der Katholiken aussehen, wie ein gelungener Gottesdienst und eine gute Katechese gestaltet werden?“ Zudem wolle das Bistum genauer wissen, was aus Sicht der Katholiken „die wesentlichen Aufgaben der Kirche“ in heutiger Zeit seien.

Auch müsse deutlich werden, welche Unterstützung von Bistum und Pfarrei nötig sei, damit die einzelnen Katholiken „besser als Getaufte leben“ könnten. Ob dies aus den vorliegenden Daten oder durch weitere Umfragen ermittelt werden kann, müssen Kollig zufolge „die für die Befragung Verantwortlichen“ beurteilen.

 

Pfarreien und Bistumsebene vernetzen

 

Zugleich müssten die Kirche und die Gläubigen anerkennen, wofür „keine Zeit, kein Geld und keine menschliche Kraft mehr da“ sind. Wenn es um die Zukunft eines Gebäudes gehe, so stehe dieses Haus auf einer Liste mit 3.000 weiteren Immobilien im Bistum, die unterhalten werden sollen: „Geld, das für Gebäude ausgegeben wird, steht nicht gleichzeitig für Katechese, Bildung und Caritas zur Verfügung.“ Dieser „Hubschrauberblick“ ist Kollig zufolge Aufgabe der Bistumsebene.

Er warb für eine Vernetzung von Pfarreien und Bistum. Beide Ebenen würden von denselben Katholiken mit gemeinsamer Sendung gebildet; sie sollten jene Aufgaben angehen, die auf ihrer Ebene am besten erledigt werden könnten. Beide Seiten sollten „ihren Dienst gegenseitig anerkennen und würdigen“.

 

Den Engagierten „die Augen öffnen“

 

Die Bistumsebene könne den Engagierten in den Pfarreien „die Augen öffnen“ für Lösungsideen anderer Pfarreien. Bei „Experimenten“ lohne auch der Blick auf solche, die „erfolglos“ geblieben seien. Münster könne neue Projekte personell oder finanziell unterstützen. „Rahmenbedingungen für neue Erfahrungen mit Gottesdienst und Verkündigung“ müssten „auf der Ebene des Bistums vereinbart werden“, betonte Kollig.

Aufgabe der Bistumsverwaltung sei es auch, die Gaben der Gläubigen entdecken und fördern zu helfen. Denn in schweren Lebenssituationen würden weder „das Bistum“ noch „die Pfarrei“ den Betroffenen helfen, sondern einzelne Glaubende als „Botschafterinnen und Botschafter“ Jesu und als Teile der Kirche.

 

Punktuelle Kirchen-Erfahrungen

 

Mit Blick darauf, dass die Studie zwischen der Kirche „allgemein“ und der Pfarrei vor Ort unterschied, sagte Kollig, das Bistum werde sicher „eher als Institution wahrgenommen“. Das mache die Ebene „eher fremd“. Das ändere sich aber, sobald konkrete Personen handelten; dann würden auch Erwartungen steigen. Kollig verwies auf die Bekanntheitswerte von Bischof Felix Genn.

Der Seelsorgeamts-Leiter sieht sich in der Ansicht bestätigt, dass Einzelerfahrungen über Kirchen-Zufriedenheit entscheiden. Gottesdienstbesucher seien oft zufrieden – sie bildeten aber eine Minderheit unter den Katholiken. Viele machten eher „punktuelle Erfahrungen“ mit Kirche. Kollig nannte Weihnachtsgottesdienste, Taufen, Katechesen für eigene oder verwandte Kinder vor Erstkommunion oder Firmung, sowie Hochzeiten und Begräbnisse. Was Katholiken „bei diesen Gelegenheiten erleben und von anderen hören, macht sie mit der Kirche zufrieden oder unzufrieden“.

 

Noch „viel Konkurrenzdenken“ im Bistum

 

Auch seine Ansicht, „dass die Stellungnahmen der Kirche, die oft als wirklichkeitsfern und überholt angesehen werden, zur Unzufriedenheit beitragen“, sieht Kollig ausdrücklich bestätigt. Überrascht zeigte auch er sich darüber, dass die Befragten „die karitative Arbeit und das kirchliche Bildungsangebot“ im Bistum „nicht mehr mit der Kirche verbinden“. Für die Bewertung der Kirchen-Zufriedenheit hätten Caritas-Angebote sowie Einrichtungen wie Schulen, Bildungshäuser und Familienbildungsstätten keine große Rolle gespielt.

Kollig mahnte kirchliche Stellen zur Zusammenarbeit: „Wir leisten uns in unserem Bistum noch viel Konkurrenzdenken, wo doch Solidarität eines unserer Markenzeichen ist.“ Auch gebe es noch zu viel Ausgrenzung, obwohl die Einheit „wesentlicher Teil unseres Gottesbildes“ sei.

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