Berliner Generalvikar regt Beteiligung an nationalem Fonds an

Kollig: Kein kirchlicher Sonderweg bei Missbrauchs-Entschädigung

Der Berliner Generalvikar Manfred Kollig ist gegen ein „spezielles katholisches System“ zur Entschädigung von Missbrauchsopfern. Er regt stattdessen eine Beteiligung an einem nationalen Fonds wie etwa in Österreich an.

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Der Berliner Generalvikar Manfred Kollig ist gegen ein „spezielles katholisches System“ zur Entschädigung von Missbrauchsopfern. „Wir sollten uns beraten mit anderen betroffenen Institutionen und auch mit der Bundesregierung“, sagte Kollig am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Ich kann mir keinen katholischen Alleingang bei den Entschädigungen vorstellen“, so der Verwaltungschef des Erzbistums Berlin.

Als gangbaren Weg nannte Kollig eine Entschädigung über einen nationalen Fonds wie in Österreich, an dem sich die Kirchen beteiligen. Dann entstünde eine Gesamtverantwortung für alle Opfer. Es dürfe keine bevorzugten und benachteiligten Opfer geben.

 

Der Hintergrund

 

Derzeit diskutieren die Bischöfe in Deutschland ein neues Verfahren für Entschädigungszahlungen an Betroffene von sexuellem Missbrauch durch Geistliche. Eine Arbeitsgruppe schlug zwei Modelle vor: eine Pauschale von rund 300.000 Euro pro Opfer oder ein abgestuftes Verfahren, bei dem zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden. Unklar ist bislang die Finanzierung.

„Wir müssen alles tun, damit die Wunden der Opfer heilen können - wissend, dass immer Narben bleiben werden“, betonte Kollig. „Ob das mit finanziellen Leistungen geht, muss man sehen.“ In einem solchen Fall stelle sich auch die Frage, ob es den Auftrag der Kirche gefährde. Er verwies darauf, dass das Erzbistum Berlin 25 Schulen und 75 Kitas habe und sagte: „Wenn wir jedes Opfer mit 300.000 Euro entschädigen, müssten wir einen Teil solcher Aktivitäten einstellen.“

 

Kirchensteuer „keine Haftpflicht für Priester“

 

Kollig wandte sich auch gegen eine Entschädigung aus Pensions-Rückstellungen. „Wenn ich sie auflösen würde und das Erzbistum Berlin seinen Pensionsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte, müsste eventuell sogar der Staat einspringen“, betonte der Generalvikar. Dann würden indirekt alle Steuerzahler für die Entschädigungen mit aufkommen. Es sei ihm daher „besonders wichtig, dass wir die Schuldigen auch finanziell mit in die Pflicht nehmen. Und wo wir als Institution Erzbistum versagt haben, muss diese Institution auch für die Schäden eintreten.“

Kollig äußerte Verständnis für die Forderung, Entschädigungen nicht aus Kirchensteuern zu finanzieren, denn diese sei „nicht als eine Art Haftpflicht für die Priester da“. Letztlich seien jedoch alle Einnahmen der Kirche „Geld, das dem Volk Gottes gehört“. Wenn die Kirche die Opfer entschädigt, „dann tut es auch der Kirche als Ganzes weh, das ist nun mal das Solidarprinzip“, räumte er ein. „Ich sehe leider keinen anderen Weg.“

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