Verband steckt bundesweit in einem Zukunftsprozess

Kolping stellt sich für Zukunft auf – erstmals Frau an der Spitze?

Das Kolpingwerk hat einen Zukunftsprozess eingeleitet. Bis 2022 will es sich neu positionieren. An der Spitze des Bundesverbands steht schon an diesem Wochenende ein Wechsel an.

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„Leuchtturm oder Kerzenstummel?“ hieß ein 2017 veröffentlichtes Buch über die Zukunft katholischer Verbände. Was bleibt von der Strahlkraft von Kolping, KAB und Katholischer Frauengemeinschaft, die über Jahrzehnte ein Reservoir für gesellschaftliches und politisches Engagement in Deutschland waren?

Das Kolpingwerk stellt sich diesen Fragen. 2017 hat der Verband unter dem Titel „Kolping Upgrade“ einen Zukunftsprozess gestartet, der erst 2022 abgeschlossen sein soll. Bei der Bundesversammlung an diesem Wochenende in Köln wollen 370 Delegierte Weichen den weiteren Fahrplan beraten. Im April hatten 20 Regionalforen über das Profil des 1850 von dem früheren Schuhmachergesellen und späteren Geistlichen Adolph Kolping (1813-1865) gegründeten Verbandes beraten.

 

Wer ist die Kandidatin für den Vorsitz?

 

Weichen stellt der Verband auch bei der Wahl einer neuen Führungsspitze: Thomas Dörflinger (53), von 1998 bis 2017 für die CDU im Bundestag, kandidiert nach 14 Jahren nicht erneut für den Vorsitz.

Erstmals dürfte eine Frau an die Spitze des katholischen Sozialverbands gewählt werden: die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich (53). Die gelernte Bankkauffrau nennt die Europa- und Familienpolitik, die Kultur- und Medienpolitik ihre politischen Themen.

 

Viele kennen Kolping – aber wofür steht der Verband?

 

Was macht die Marke „Kolping“ in Zeiten von Kirchenkrise, demografischem Wandel und wachsendem Individualismus aus? Immer noch gehören 35 Bundestagsabgeordnete dem Verband an. Auch zwei aussichtsreiche Kandidaten für den CDU-Vorsitz sind Kolpinger: Friedrich Merz und Jens Spahn. Zu den Aktivitäten gehören auch 230 Kolpinghäuser, 22 Bildungsunternehmen mit 150 Einrichtungen und 4.600 Mitarbeitern sowie Familienferienstätten mit jährlich rund 30.000 Gästen.

Zwei Drittel der Deutschen kennen den Begriff „Kolping“, wie 2017 eine repräsentative Umfrage ergab. Andererseits: Nahezu 80 Prozent derjenigen, die den Begriff Kolping kennen, können nicht sagen, wofür er eigentlich steht.

 

Was die Mitglieder ausmacht

 

Die Mitgliederzahlen gehen laut Bundesvorstand beständig nach unten. Seit dem Allzeithoch 2000 ist das Kolpingwerk um knapp 15 Prozent geschrumpft. Waren es 2010 rund 256.000, sind es 2017 noch etwa 234.000 Mitglieder.

Eine verbandsinterne Umfrage von 2017 ergab ein wohl für viele kirchliche Verbände typisches Profil: zunehmender Altersdurchschnitt der Mitglieder, hohe Identifikation mit der Kolpingfamilie vor Ort, deutlich geringere Identifikation mit dem Gesamtverband und hohe Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement.

 

Weniger Angebote und Zielgruppen?

 

Arbeit mit und für junge Menschen, Engagement in der Arbeitswelt, Einsatz für Familien und für die Eine Welt – das sind zentrale Handlungsfelder des Verbands. „Mein Eindruck: Kolping steht für ganz viel Verschiedenes. Aber genauso für nichts so richtig“, schreibt Bernhard Mittermaier, Mitglied des Beraterkreises des Kolpingwerkes Deutschland, in einer kritischen Bilanz. Deshalb dränge sich die Frage auf, ob Kolping sich auf weniger Aktivitäten und Zielgruppen konzentrieren müsse.

Neu bestimmt werden soll auch die Position des Verbandes in der katholischen Kirche. Da geht es etwa um die Frage, wie sich die 2.400 Kolpingsfamilien vor Ort in den zusammengelegten Großgemeinden einbringen. Aber es geht auch um den Umgang mit Nichtchristen, aus der Kirche Ausgetretenen, in homosexueller Ehe Lebenden oder wiederverheiratet Geschiedenen.

 

Nicht nur für „Edelkatholiken“

 

„Schon Adolph Kolpings Gesellenvereine waren keine Vereinigungen von Edelkatholiken“, so formulierte es ein Kolping-Vertreter. In der Mitglieder-Umfrage sprachen sich fast 83 Prozent dafür aus, dass auch Nichtchristen Mitglied im Kolpingwerk werden dürften. Eine knappe Mehrheit (47,78 Prozent gegenüber 42,96 Prozent) ist dafür, dass nur Mitglieder einer christlichen Kirche Leitungsfunktionen übernehmen können.

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