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Große Worte, große Bilder, großer Abschied. Doch auffällig, dass sperrige Aspekte des Papstes fehlten. Bewusst, fürchtet Chefredakteur Markus Nolte.
Wie bewegend war dieses Requiem für Papst Franziskus! 250.000 Menschen hatten sich in den Tagen zuvor von ihm, in seinen ausgetretenen Straßenschuhen aufgebahrt im Petersdom, verabschiedet. Gut genauso viele feierten bei strahlendem Sonnenschein die Totenmesse auf dem Petersplatz und der angrenzenden Prachtstraße Via della Conciliazione bis zur Engelsburg mit. Staatsgäste aus aller Welt reisten an, und am Ende nahm Franziskus einmal mehr den Weg durch die Stadt Rom bis zu seiner schlichten Grabstätte in Santa Maria Maggiore. Was für ein Abschied!
Womöglich ein hintergründigerer, als es der erste Blick auf die großen Bilder erscheinen lässt. Zu Recht betonte Kardinaldekan Giovanni Battista Re in einer für einen 91-Jährigen beeindruckend agilen, kraftvollen Predigt die großen Leistungen des verstorbenen Papstes für den Frieden in der Welt, für die Armen und Entrechteten, für die Schöpfung und für eine menschliche Kirche. Diese Worte im Angesicht hunderter Bischöfe einerseits, zerstrittener Staatslenker andererseits – da klang tatsächlich noch einmal Franziskus durch.
Die Ikonographie beginnt
Dazu scheint zu passen, dass sich am Rand des Requiems US-Präsident Donald Trump und Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj zu einem zunächst 15-minütigen Gespräch im Vatikan trafen.
Wenig später jedoch begann die Ikonographie dieses Geschehens wie auch des toten Papstes: So wie die Fotos von Trump und Selenskyj, ein wenig zu improvisiert auf zwei goldumrahmten Stühlen in einem Seitenschiff des Petersdoms sitzend, schnell die sozialen Netzwerke und Nachrichtensendungen fluteten, so sehr wirkte das Zusammentreffen im Geist des Friedenspapstes Franziskus eine Spur zu beiläufig – wohl wissend um die Kraft der Bilder.
Synodalität? Klerikalismus?
Und die zweifellos große Predigt von Kardinal Re wurde, kaum gehalten, rasch bewertet wie eine wegen seines Alters natürlich unrealistische Bewerbungsrede als Nachfolger – allemal als Einschlagen von Pflöcken für die Wahrung des Erbes von Franziskus: der Papst der Armen!
Viel auffälliger war, was Re nicht sagte, was auch die dem Sarg beigegebene Urkunde über die Lebensstationen und -leistungen von Franziskus nicht erwähnt. Nirgends tauchte auch nur einmal das Wort Synodalität auf, nirgends die Dauerkritik des Papstes an einer selbstgefälligen Kirche. Und wie er von Klerikalismus angesichts der Heerscharen von Klerikern zu sprechen, hätte Mut erfordert und gezeigt: Wir haben verstanden, lieber Papa Francesco.
Bleibt im Heiligen Jahr der Hoffnung abzuwarten, ob hier nicht nur der tote Papst pietätvoll verabschiedet wurde, sondern auch die Vision einer Kirche, für die er stand.