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Was bedeutet es, wenn Tiere sterben? Gibt es so etwas wie eine Auferstehung? Der Theologe Domink Blum, Leiter des Referats Erwachsenenseelsorge im Bischöflichen Offizialat Vechta, ist überzeugt davon. In einem neuen Kinderbuch zum Thema Tod hat er seine Ansichten für Kinder erklärt. Hier der Text in einer leicht gekürzten Fassung.
In meiner Familie lebt ein großer brauner Hund, der Charlie heißt. Ich finde, er ist der beste Hund der Welt, und ich habe ihn so lieb wie einen guten Freund.
Charlie lebt bei uns, seit er ein kleiner Welpe war, schon fast elf Jahre. Wäre er ein Mensch, dann würde er ungefähr so alt sein wie dein Opa. Denn ein Hund altert in einem Jahr etwa so, wie ein Mensch in sieben Jahren.
Charlie wird nicht mehr lange leben
Jetzt fällt ihm manchmal das Laufen schwer, und er möchte lieber im Garten unter einem Baum im Schatten liegen, statt mit mir spazieren zu gehen. Es dauert nicht mehr lange, bis Charlie sterben muss. Davor habe ich Angst. Und ich frage mich, ob auch unser Hund in den Himmel kommt und mit ihm all die anderen Tiere, die wir lieb haben: Kaninchen und Katzen, Meerschweinchen und Hamster und viele andere Tierarten? Das wollen auch meine Kinder wissen. Denn dann würde es uns nicht so schwer ums Herz, wenn wir über Charlies Tod nachdenken.
Viele Menschen hoffen für sich selbst und andere, die sie lieb haben, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Vielleicht glauben sie sogar an ein Leben nach dem Tod und an die Auferstehung von den Toten. Für die Tiere haben große Forscher die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tod lange ausgeschlossen. Zum Glück sehen das heute viele Menschen ganz anders und auch viele Forscher, die über die Tiere und die Natur oder über Gott, den Menschen und die Religionen nachdenken.
Mensch und Tier haben vieles gemeinsam
Sie fragen nicht nur danach, was Menschen und Tiere unterscheidet, sondern zuerst, was ihnen gemeinsam ist. Tiere wissen wahrscheinlich nicht, dass sie sterben müssen. Sie haben deshalb auch keine Angst vor dem Tod. Aber es gibt Tiere, die sich selber in einem Spiegel erkennen. Das nennen die Tierforscher nicht Selbstbewusstsein, sondern Ichbewusstsein.
Wir könnten also sagen: Menschen leben selbstbewusst, aber ungeborgen (weil sie Angst um sich und vor dem Tod haben), Tiere leben unbewusst oder ichbewusst, aber dafür geborgen (weil sie keine Angst um sich und ihr Sterben haben müssen). An wenigen Beispielen lässt sich zeigen: Menschen und Tiere verbindet viel mehr, als sie voneinander trennt. Mediziner wissen, dass die Gene von Mensch und Schwein zu etwa 98 Prozent identisch sind. Und dass du und ich mit Primaten, also zum Beispiel den Schimpansen oder den Orang-Utans, verwandt sind, steht bestimmt in deinem Biologie-Buch.
Alle sind Geschöpfe Gottes
Aber auch die Bibel kann erklären, was uns verbindet: Mensch und Tier sind Geschöpfe Gottes. Dort steht: Gott schuf alle Arten von Tieren. Den Menschen schuf Gott als Mann und Frau, ihm ähnlich, als sein Ebenbild. Der Mensch darf allen Tieren einen Namen geben, sie sollen ihm Hilfe und Gefährten sein. Und das alles fand Gott sehr gut (Buch Genesis, Kapitel 1 und 2).
Geschöpf Gottes zu sein, das bedeutet für jedes Tier und jeden Menschen, für dich und mich und meinen Hund Charlie: Gott kennt uns, wir verdanken ihm unser Leben.
Und Gott findet uns richtig gut, die Menschen ganz besonders, aber auch die Tiere. Jesus, der immer von der zärtlichen Liebe seines Vaters zur Welt und zu den Menschen erzählt hat, sagt: „Verkauft man nicht fünf Spatzen für ein paar Cent? Und doch vergisst Gott nicht einen von ihnen.“ Wenn Gott Menschen und Tiere aus Liebe geschaffen hat, dann kann er nicht den einen seinen Himmel öffnen, den Ort, wo alles gut ist, und ihn den anderen verschließen.
Ein Himmel ohne Charlie? Unvorstellbar!
Ja, ich glaube deshalb ganz fest, dass ein Leben über den Tod hinaus allen Geschöpfen, auch den Tieren offen steht. Und ich kann mir gar keinen Himmel ohne meinen Hundefreund Charlie vorstellen. Ich würde ihn ganz furchtbar vermissen.
Eine ganz schwierige und ernste Frage dreht sich darum, ob man Tiere essen darf. Denn bis jetzt haben wir nur über unsere Haustiere nachgedacht. Wir wünschen uns natürlich, dass unser Hund, unsere Katze oder das alte Meerschweinchen bei Gott auch nach ihrem Tod gut aufgehoben sind. An die vielen Nutztiere aber denken wir viel zu wenig.
Darf man Tiere essen?
Zuerst ist es wichtig festzuhalten, dass die meisten Religionen nicht verbieten, Fleisch zu essen. Juden, Muslime und Christen essen Fleisch.
Wenn der Mensch als Gottes Geschöpf sein Ebenbild ist und die Tiere seine Helfer und Gefährten sind, dann muss er für sie sorgen, wie Gott selbst es tun würde: mit Liebe und großem Respekt, mit Achtung vor dem, was die Tiere zum Leben brauchen, in Verantwortung für seine Mitgeschöpfe, die Brüder und Schwestern. Wenn der Mensch so für seine Tiere sorgt, dann darf er sie nutzen, auch um sich von ihnen zu ernähren.
Lebensbedingungen sind entscheidend
Aber er darf die Tiere nicht ausnutzen, zum Beispiel um rücksichtslos möglichst viel Geld mit ihnen zu verdienen. Wer also gerne Fleisch isst, der muss sich erkundigen, wie die Tiere gelebt haben und gestorben sind, damit Menschen sie essen können.
Buchhinweis
Der Text ist erschienen im Sammelband „Gibt es ein Leben nach dem Tod? Kinder fragen – Forscherinnen und Forscher antworten“. 13 Experten beantworten darin Fragen wie „Warum weinen wir, wenn jemand stirbt?“ – „Gibt es eine Hölle und brennt dort Feuer?“ oder „Was ist das Jüngste Gericht?“. Das von Albert Biesinger und Helga Kohler-Spiegel herausgegebene 140-seitige Buch (ISBN 978-3466371679) ist im Kösel-Verlag erschienen und kostet 18 Euro.
Auch wenn sich in der Nutztierhaltung bei uns in den letzten Jahren manches verbessert hat, können wir nicht mit gutem Gewissen sagen, dass die Tiere in unserer Fleischwirtschaft überall zufrieden, artgerecht und unter Beachtung des Tierwohls leben und sterben. Das hat auch damit zu tun, dass viele Menschen in Deutschland zu viel Fleisch essen und dafür möglichst wenig Geld ausgeben wollen oder können.
Auch Nutztieren steht der Himmel offen
Die Diskussion um das Wohl der Nutztiere, die Tierrechte und unsere Ernährung in der Zukunft hat gerade erst begonnen. Ich bin aber davon überzeugt, dass auch die Nutztiere geliebte Geschöpfe Gottes sind. Auch ihnen steht der Himmel offen. Papst Franziskus hat im Jahr 2015 einen wichtigen Text darüber geschrieben, wie wir Menschen mit der Natur und unserer Umwelt umgehen sollen, damit auch in Zukunft noch Menschen, Tiere und Pflanzen auf der Erde leben können.
Darin schreibt er: „Von ›Schöpfung‹ zu sprechen, ist für die jüdisch-christliche Überlieferung mehr, als von Natur zu sprechen, denn es hat mit einem Plan der Liebe Gottes zu tun, wo jedes Geschöpf einen Wert und eine Bedeutung besitzt.“ In diesem Plan von Gottes Liebe ist Platz für dich und mich, für Spatzen, Hühner, Schweine und natürlich für meinen alten Hund Charlie. Und der Plan reicht über unseren Tod bis in ein neues Leben, glaube ich.