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Vor dem am 7. Mai beginnenden Konklave erfreut sich der jüngste Film über die Papstwahl großer Beliebtheit. Gibt er das Geschehen korrekt wieder?
Bildstark kommt der Konklave-Film von Oscar-Regisseur Edward Berger („Im Westen nichts Neues“) daher: Kardinäle in samtenen Gewändern, Machenschaften zwischen polierten Marmorböden und prunkvollen Wandmalereien, forsche Ordensfrauen, die zwielichtigen Kirchenfürsten die Stirn bieten. Einiges wirkt klischeehaft, anderes vertraut und realitätsnah. Doch was passiert wirklich im Vatikan, wenn der Papst stirbt und ein Konklave beginnt? Der Fakten-Check.
Der Papst ist tot. Direkt zum Auftakt des Films drängeln sich Priester, Ordensfrauen, Kardinäle und Bischöfe im Gästehaus Santa Marta. Dabei versucht das offizielle vatikanische Regiebuch für den Papsttod, der „Ordo Exsequiarum Romani Pontificis“, einen solchen Auflauf gerade zu vermeiden.
Regisseur geht frei mit dem Protokoll um
Anders als im Film versammeln sich nach dem Papsttod nur der Camerlengo, der Kardinaldekan und einige Personen aus dem engsten Kreis des Papstes am Sterbebett. Ein größerer Auflauf mit Kardinälen oder gar Ordensfrauen und Priestern wie im Film ist nicht vorgesehen. Anschließend nimmt der Camerlengo dem Toten den Fischerring ab. Anders als im Film wird er jedoch nicht sofort, sondern erst später bei einer Sitzung der Kardinäle zerbrochen.
Auch das weitere Protokoll nehmen die Filmemacher nicht allzu genau: Der Papst wird im Schlafanzug aufgebahrt. Doch nachdem vergleichbare Fotos Pius' XII. in die Öffentlichkeit gelangten, wurde es streng verboten, den toten Papst ohne seine liturgischen Gewänder zu zeigen. Bevor ein weiter Kreis von Menschen den Toten zu sehen bekommt, wird er also umgezogen.
Auch das im Film gezeigte Zudecken des päpstlichen Gesichtes mit einem Seidentuch findet nicht im Sterbezimmer, sondern erst nach vier bis sieben Tagen unmittelbar vor der Beerdigung statt. Kurz vor dem großen Trauergottesdienst versammeln sich dafür einige hochrangige Kirchenmänner zu einer letzten Andacht. Dabei wird dem Toten ein Tuch über das Gesicht gelegt.
Störsender in der Sixtinischen Kapelle
Während die Abläufe nach dem Papsttod von den Filmemachern freier interpretiert werden, sind die Wahlvorbereitungen recht präzise dargestellt. So mag die Szene, in der es um Störsender rund um die Sixtina geht, manchem übertrieben erscheinen - und doch sehen die Vorschriften genau das vor.
Seit 1996 heißt es dort: „Ganz besonders werden sie auch unter Zuhilfenahme der Erfahrung zweier vertrauenswürdiger Techniker darauf achten, daß die Geheimhaltung in den genannten Räumen, insbesondere in der Sixtinischen Kapelle, in der die Wahlhandlungen stattfinden, gesichert ist, indem sie sich vergewissern, daß kein Aufnahme- oder audiovisuelles Sendegerät von wem auch immer in die genannten Räume eingeführt wird.“
Außenkontakt viel strenger verboten als im Film
Während die Kardinäle im Film durch Sicherheitskontrollen gehen, Handys und Computer abgeben müssen, schreiben die Vorschriften lediglich die „Enthaltung“ jeglicher Kommunikation vor. Zur Verschärfung dieser Pflicht verbot Johannes Paul II. „unter allen Umständen“, dass technische Geräte, die zur „Aufnahme, Wiedergabe oder Übermittlung von Ton, Bild oder Schrift dienen“ in die Sixtinische Kapelle gebracht werden.
Während im Film der Vorsitzende des Kardinalskollegiums immer wieder Kontakt zur Außenwelt aufnimmt, ist das bei einem echten Konklave strengstens verboten. Allein durch die Gespräche mit seinem Sekretär begibt sich der fiktive Kardinal Lawrence auf dünnes Eis, denn: Jedem der „zufällig einem der wahlberechtigten Kardinäle“ begegnet, ist es „absolut verboten [...] unter welcher Form, mit welchem Mittel oder aus welchem Grund auch immer“ mit ihm ins Gespräch zu kommen.
Seit Papst Benedikt XVI. trifft Regelbrecher die Exkommunikation als Tatstrafe - also der Ausschluss aus der Kirche sofort mit Begehung der Tat. Zuvor galt, dass der neue Papst über eine Strafe für dieses Vergehen zu entscheiden hatte.
Kardinaldekan im Film nimmt sich viel heraus
Überhaupt agiert Kardinal Lawrence immer wieder am Rande des Legalen. So trifft er einige Entscheidungen, die eigentlich nur der Papst oder während der Sedisvakanz alle Kardinäle gemeinsam treffen können.
Wohl am schlimmsten ist der Bruch des Beichtgeheimnisses. Lawrence verwendet Wissen aus der Beichte, um den Fehltritt eines Kardinals aufzudecken. Auch die Verletzung des Beichtgeheimnisses wird im schlimmsten Fall mit der Exkommunikation im Moment der Tat bestraft. Da Lawrence aber nicht direkt die beichtende Person offenbart hat, steht in diesem Fall wohl keine Exkommunikation im Raum.
Der bisher unbekannte Kardinal
Eine der Alleinentscheidungen von Lawrence ist die Zulassung eines bisher unbekannten Kardinals zum Konklave - eines Kardinals in pectore („in der Brust, im Herzen“). Dieser wurde vom Papst zum Kardinal ernannt, seine Ernennung aber aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich gemacht.
Kirchenrechtlich gilt: Geheime Kardinäle haben erst dann die Rechte und Pflichten eines Kardinals, wenn sie zumindest gegenüber dem Kardinalskollegium vom Papst benannt werden. Stirbt der Papst, ohne den Namen bekannt gemacht zu haben, ist auch der geheime Kardinalstitel hinfällig. Selbst eine Ernennungsurkunde, wie sie im Film nach dem Tod des Papstes präsentiert wird, hilft dann nicht.
Der Beginn des Konklaves
Auch mit dem tatsächlichen Beginn des Konklaves („conclave“, lat. „mit Schlüssel“ verschlossener Raum) nehmen es die Filmemacher nicht allzu genau. Am Vortag des Konklaves sagt Lawrence in einer Besprechung, er und die anderen Kardinäle würden ab 18 Uhr eingeschlossen sein.
Das entspricht ebenfalls nicht dem Protokoll. Darin ist festgelegt, dass das Konklave mit der Messe „pro eligendo papa“ im Petersdom beginnt. Am Nachmittag ziehen die Kardinäle dann in die Sixtinische Kapelle ein, wo sie noch unter den Augen der Öffentlichkeit einzeln einen Eid schwören. Erst dann werden sie eingeschlossen und von der Öffentlichkeit abgeschirmt.
Ungenauigkeiten beim Ablauf des Konklaves
Der daraufhin im Film dargestellte Wahlablauf inklusive der Bitte, auf dem Wahlzettel die Handschrift zu verstellen, entspricht der Realität. Ein kleiner Fehler hat sich bei der Stimmauszählung eingeschlichen: Während im Film der zweite der drei Auszähl-Kardinäle den Namen des Gewählten vorliest, sehen die Vorgaben vor, dass der erste Wahlhelfer einen Zettel aus der Urne holt, schweigend den Namen liest, ihn dann dem zweiten Kardinal gibt, der ebenfalls still den Namen liest und dann den Zettel an den dritten weitergibt. Erst dieser liest den Namen dann laut vor. Das Auffädeln der Stimmzettel entspricht wiederum der vorgeschriebenen Praxis.
Korrekt fährt der Film fort: Am Ende der Auszählung werden die Stimmen gezählt, kontrolliert und anschließend verbrannt. Früher gab man nasses Stroh oder Teer bei, um den Rauch zu färben. Das funktionierte oft nur leidlich. Heute hilft man sich mit Chemie.
Dazu stehen zwei Öfen bereit: In einem werden die Wahlzettel verbrannt, im zweiten zusätzlich die Kartuschen für die Einfärbung. Für weißen Rauch sorgen Kaliumchlorat, Laktose und das Baumharz Kolophonium. Schwarz wird der Rauch mit einer Mischung aus Kaliumperchlorat, Anthracen und Schwefel.
Alle Informationen zur Papstwahl finden Sie in unserem Konklave-Ticker.