Prälat war Hauptredner bei DGB-Maikundgebund in Vechta

Kossen: Missbrauch von Werkvertragsarbeitern geht weiter

Seit Jahren prangert Prälat Peter Kossen den Umgang mit Leiharbeitern auf  deutschen Schlachthöfen an. Entgegen alls Ankündigungen habe sich bisher wenig verbessert, sagte er bei einer DGB-Maikundgebung in Vechta.

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Prälat Peter Kossen hat die Lebens- und Arbeitssituation osteuropäischer Werkvertragsarbeiter in Deutschland erneut scharf angeprangert. „Die Ausbeutung besteht fort und ist ein schwerer Makel für unsere Heimat“, sagte der Pfarrer der Lengericher Seliger-Niels-Stensen-Gemeinde bei einer DGB-Kundgebung am 1. Mai in Vechta.

„Am Tag der Arbeit, an dem es um die Würde des arbeitenden Menschen und um die Würde menschlicher Arbeit geht, müssen wir feststellen: Menschen werden verschlissen, benutzt, verbraucht und dann entsorgt“, so Kossen weiter.

 

„Rumänen und Bulgaren werden weiter missbraucht"

 

Als Hauptredner der Maikundgebung der Region Oldenburg-Ostfriesland des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) wies der Pfarrer den Eindruck zurück, dass sich für die Betroffenen in letzter Zeit manches verbessert habe. „Im Oldenburger Land und in der Fleischindustrie jedenfalls nicht!“ Dass Rumänen und Bulgaren als gleichwertige Mitbürger und Nachbarn gelten und nicht missbraucht würden als Billiglöhner und Drecksarbeiter, „davon sind wir noch weit entfernt".


Peter Kossen bei der Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Vechta. | Foto: Michael Rottmann

Immer noch seien Werkvertrags- und Leiharbeiter kriminellen Subunternehmern schutzlos ausgeliefert. Immer noch würden sie durch eine Art Schuldsklaverei oder durch körperliche und psychische Gewalt in Abhängigkeit von ihrem Arbeitgeber gebracht. Immer noch bringe man sie um gerechten Lohn und mute ihnen fragwürdige und überteuerte Unterkünfte zu. Auch die Europäische Union habe festgestellt, dass Menschenhandel und moderne Sklaverei zunähmen. „Nicht irgendwo in der Welt – hier in den wohlhabenden westlichen Demokratien.“

 

„Auch Wegschauen macht Missbrauch möglich"

 

Die rund 100 Kundgebungsteilnehmer in Vechta rief er auf, genauer hinzuschauen, wenn es um Werkvertragsarbeiter geht. „Augen auf!“, forderte er. Denn es liege auch am Wegschauen, dass Menschen so behandelt werden könnten in einer so christlich-katholisch geprägten Region wie dem Oldenburger Land.

Wenn Unternehmen sich nicht scheuten, „für die Gewinnung von Leiharbeitskräften mit verurteilten Straftätern zusammenzuarbeiten“, sei das nicht hinnehmbar.


Eine Bannerabordnung der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) bei der Kundgebung in Vechta. | Foto: Michael Rottmann

„Wer mit Menschenhändlern und Sklaventreibern gemeinsame Sache macht, ist mitschuldig und an der modernen Sklaverei in unserm Land. Wer mit Kriminellen Geschäfte macht, ist selbst kriminell. Wer sich die Mafia zunutze macht, ist Mafia.“

 

„Deutschland braucht eine Arbeitskontrollbehörde“

 

Nach Kossens Auffassung fehlt in Deutschland dringend eine auf Bundesebene angesiedelte „Arbeitskontrollbehörde“, wie sie in anderen EU-Ländern bewährter Standard sei. Eine Behörde, „die nicht, wie die Kontrollbehörden bisher, der Mafia machtlos hinterher schaut“. Nur damit könnten Gesetze und Rechte wirksam durchgesetzt und eine Zersplitterung von Zuständigkeiten beendet werden.

Diese derzeitige Zersplitterung der Zuständigkeit, so Kossen weiter, führe dazu, dass schon eine Verlagerung einer Leiharbeitsfirma in ein Nachbar-Bundesland das Ende strafrechtlicher Verfolgung bedeute.

 

„Zurück zu Stammbelegschaften!"

 

Die Unternehmen forderte er auf, statt auf Leih- und Werkvertragsarbeiter wieder auf Stammbelegschaften zu setzen. Es gebe Beispiele, dass das möglich sei. „Wenn der Wernsing-Konzern ohne Werkvertragsarbeiter auskommt und Böseler Goldschmaus die Arbeiter anstellt und ihnen Wohnungen baut, warum dann nicht Tönnies, Heidemark, Plukon, Wiesenhof, Westfleisch, Vion und Danish Crown?“

Zur Rolle der Kirche sagte Kossen: „Gott steht auf der Seite der Kleinen und Schwachen – da ist die Bibel eindeutig. Dann muss auch die Kirche genau dort stehen.“ Denn eine Kirche, die nicht diene, diene zu nichts. Dienst bedeutet hier, denen zu helfen, die unter die Räder geraten sind, und, wenn nötig, dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.

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