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Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält eine zeitnahe Ablösung der Staatsleistungen für die Kirchen für unwahrscheinlich. „Wenn wir es nicht bezahlen können, wird das Projekt nicht zustande kommen“, sagte er am Dienstag in Stuttgart zu der im Grundgesetz vorgesehenen Ablösung dieser Leistungen. Sie werden als Kompensation für Enteignungen kirchlicher Güter vor über 200 Jahren bezahlt.
Da die Ablösesummen nicht auf einen Schlag bezahlt werden könnten, müssten sie „abgestottert“ werden – und parallel dazu seien weiterhin Staatsleistungen zu finanzieren. „Ich wüsste nicht, wo wir das Geld herbekommen sollen“, betonte der Ministerpräsident.
„Sehr gut angelegtes Geld“
Kretschmann nannte die Leistungen für die Kirchen „sehr gut angelegtes Geld“. Es schmerze ihn nicht, dass der Staat das bezahlt. „Die Kirchen machen ja mit den Geldern nicht Dinge, die auf allgemeine Kritik stoßen“, sagte der Grünen-Politiker.
Staatsleistungen sind von der Kirchensteuer zu unterscheiden und betragen aktuell rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr an die evangelische und katholische Kirche. Im Grundgesetz steht eine aus der Weimarer Reichsverfassung übernommene Verpflichtung zur Ablösung der Staatsleistungen. SPD, Grüne und FDP haben dieses Vorhaben erstmals in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Länder müssen mit Kirchen verhandeln
Der Bund ist in der Ablöse-Frage zuständig für die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Verhandlungen über die konkrete Höhe der Ablösesummen müssten die Länder führen, die die Zahlungen leisten und das Gegenüber der Kirchen in den entsprechenden Staatsverträgen sind.
Ein Gesetzentwurf der früheren Oppositionsfraktionen von Grünen, FDP und Linken zur Ablösung der Staatsleistungen aus der vergangenen Wahlperiode im Bund hatte einen Ablösefaktor vom 18,6-fachen der jährlichen Summe genannt. Dieser Faktor ist aber umstritten.