Im Sendenhorster St.-Elisabeth-Stift wurde gebastelt

Krippenbau im Sommer - Senioren zeigen ihr Werk bei Telgter Ausstellung

  • Für die 82. Telgter Krippenausstellung haben Senioren aus dem Sendenhorster St.-Elisabeth-Stift gebastelt.
  • Eine Besonderheit bei der Krippendarstellung ist ein Motorrad.
  • Mit den Werkarbeiten haben die Senioren bereits im Sommer begonnen.

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Was um Gottes Willen hat ein Motorrad in einer Krippendarstellung verloren? Das mögen sich Besucher der 82. Telgter Krippenausstellung im Museum Religio fragen, wenn sie die sich drehende Holzplatte mit der Herbergssuche und den vielen oft winzig kleinen Figuren in der Größe 1:87 betrachten. Als sich eine kleine Gruppe von Bewohnerinnen und Bewohnern des Sendenhorster St.-Elisabeth-Stifts mitten in diesem Sommer ans Werk macht, um mit ihrer Krippe die Ausstellung in Telgte zu bereichern, äußert die 89-jährige Anneliese Sommer den Wunsch, auch ein Motorrad aufzustellen.

Denn mit einem solchen Fahrzeug ist ihr fast 18-jähriger Sohn vor vielen Jahrzehnten in Sendenhorst tödlich verunglückt. „Als es abends an der Haustür schellte, standen dort ein Polizist und ein Priester“, erinnert sich die Seniorin mit belegter Stimme an dieses für sie immer noch unfassbare Unglück. Der Weg zur Krippe, die mittendrin steht, ist nicht nur deshalb ein steiniger geworden. So wie das Leben fast eines jeden Menschen mit Steinen gepflastert ist.

Im Sommer startete der Krippenbau

Seit fast 15 Jahren, bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie, haben die Seniorinnen und Senioren aus der Sendenhorster Einrichtung, regelmäßig einen Ausflug zur Telgter Krippenschau gemacht. „Das können wir auch“, berichtet Matthias Dieckerhoff (Begleitender Dienst) über die Entstehungsgeschichte für das Krippenprojekt im Frühjahr dieses Jahres, als die Ausschreibung für die aktuelle Ausstellung veröffentlicht wurde.

Das Motto der 82. Krippenausstellung lautet: „Mittendrin“. Im Sommer schon an Weihnachten denken? Das lassen sich fünf Bewohner aus allen Wohnbereichen nicht zweimal sagen und los geht es. Nach der langen Corona-Zeit mit der Isolierung sei es wichtig gewesen, die Kontakte zwischen den Wohnbereichen neu zu beleben, so Matthias Dieckerhoff.

Um die Krippe tobt das Leben

 „Das war sehr witzig, als wir im August in unserer Sommerkleidung an der Krippe gearbeitet haben, aber auch spannend“, berichtet Lioba Mertens-Surmann (Betreuungsassistentin). Eine Krippe mitten im Leben, mitten im Jahr und mittendrin als Teil des großen Ganzen. So entsteht die Idee, dass die Krippe inmitten einer runden Holzplatte mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern platziert werden soll. Die Stiftsschreiner schneiden eine passende Holzplatte zurecht.

Um die Heilige Familie im Holzstall gehen viele Menschen ihren Alltagsgeschäften nach: als Krankenschwester, als Sanitäter, Feuerwehrmann, als Reisende mit Koffern und auch als Soldat. Dazu gibt es viele Tiere, das Allerkleinste ist ein winziges Hühnchen. Bei mehreren Tauschläden für Modelleisenbahnbauer in Münster wird Matthias Dieckerhoff fündig. Auch Dank der Tipps von Hobby-Modelleisenbahnbauer Willi Schulte.

Krippe genau unter die Lupe nehmen

Ein aus kleinen Steinen gepflasterter Weg führt zur Krippe. Sie sollen Leid und Schicksalsschläge im Leben von Menschen wie den von Anneliese Sommer symbolisieren. Der Weg von der Krippe soll sich indes ändern, mit einem schön glatten Belag. So entsteht eine spiralförmige Perspektive. Die Platte wird mit einem drehbaren Käseteller unterlegt. Damit Besucher die Krippe besser unter die Lupe nehmen können, hat das Museum Vergrößerungsgläser ausgelegt.

Am 24. September ist das Werk vollendet, das die Krippenbauer gemeinsam zum Westfälischen Museum für religiöse Kultur bringen. Nach der Eröffnung hat die kleine Gruppe inzwischen gemeinsam die Ausstellung besucht, die bis zum 22. Januar geöffnet ist.

Hoffnung auf den Preisgewinn

Im neuen Jahr sind Ausflüge für alle Wohnbereiche nach Telgte geplant. Nicht ganz ohne Hintergedanken, wie Matthias Dieckerhoff verrät. Alle Besucher können die Krippen bewerten. Für die schönste Darstellung hat das Museum einen Preis ausgelobt. Ein bisschen Hoffnung machen sich die Seniorinnen und Senioren, dass sie zum Kreis der Auserwählten gehören. Im kommenden Jahr soll die Krippe zu Weihnachten im St.-Elisabeth-Stift aufgebaut werden.

Alle Jahre wieder wird in der Woche vor Heiligabend die westfälische Krippe im Eingangsbereich des Stifts aufgestellt – unter Mitwirkung von Bewohnerinnen und Bewohnern. Mit Feuerwehrkapelle, Liedern, Bescherung und einem Festmahl am 24. Dezember ab 11 Uhr stimmen sich die Seniorinnen und Senioren auf Weihnachten ein. Wenn die Angehörigen zu Besuch kommen, wird jedoch einer fehlen: In Gedanken wird Anneliese Sommer sicher bei ihrem tödlich verunglückten Sohn und dem kleinen Motorrad auf dem steinigen Weg nach Bethlehem sein.

Das St.-Elisabeth-Stift ist unmittelbar am Krankenhaus St.-Josef-Stift gelegen und ist eine feste Institution im Sendenhorster Gemeindeleben. Die Geburtsstunde des Pflege- und Betreuungsnetzwerks schlug im Jahr 1997. Unter dem Dach des St.-Josefs-Stifts wurde die St.-Elisabeth gGmbH gegründet, um im Sinne des Stifters Joseph Spithöver die Versorgung und Pflege alter und pflegebedürftiger Menschen zu übernehmen. Am 1. Juli 1997 zogen die ersten Bewohner ein. Viele Ehrenamtliche, Vereine, Schulen und Kindergärten bereichern seitdem den Alltag im St.-Elisabeth-Stift. In der Hausbroschüre heißt es: „Als katholische Einrichtung leben wir die christliche Grundüberzeugung. Für uns steht der Mensch mit seinen spirituellen, geistigen und körperlichen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Seelsorge und Begleitung haben einen hohen Stellenwert. Neben den Gottesdiensten in der Kapelle des St.-Josef-Stifts finden auch im Haus regelmäßig evangelische und katholische Gottesdienste statt.“ Weitere Informationen im Internet: www.pflegen-betreuen.de (Maria Kessing)

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