Neues Buch des ernannten Bischofs von Hildesheim

Künftiger Bischof Wilmer stellt Mose auch als Totschläger vor

Der Mann, der die Israeliten ins gelobte Land führte, war ein widersprüchlicher Mensch. Pater Heiner Wilmer, der ernannte Bischof von Hildesheim, stellt Mose vor.

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Als Heiner Wilmer dieses Buch fertigstellte, ahnte er wohl nicht, dass er selbst noch einmal aufbrechen würde wie Mose, mit dem er sich ausführlich beschäftigt: Wilmer, aufgewachsen im südlichen Emsland, wird im September zum Bischof von Hildesheim geweiht. Derzeit lebt der 57-jährige Priester und Lehrer als Ordensgeneral in Rom, wo er für die Leitung der Herz-Jesu-Priester weltweit zuständig ist.

Es ist nicht sein erstes Buch. „Gott ist nicht nett“, heißt sein vorheriges, in dem Wilmer nach seinem Glauben fragt, „Hunger nach Freiheit“ sein neuestes. Wieder ist es lebendig geschrieben, auch dank der Unterstützung von Simon Biallowons.

Der Ordensgeneral lässt die Leser spüren, dass er Mose für einen der faszinierendsten und wichtigsten religiösen Gestalten der Geschichte hält – für einen Totschläger und Rebell, für einen Fremden und für einen Mann, der verraten wird und der das Volk Israel auf einem langen Weg von Ägypten in die Freiheit und ins gelobte Land führt.

 

Reich an Widersprüchen

 

Mose ist für den Autor der „zerbrechliche Zerbrecher“, ein Mensch, der reich ist an Widersprüchen: einsam und verraten, neugierig und nachdenklich, für die Sache brennend. Diese Eigenschaften habe Mose mit vielen modernen Menschen gemeinsam.

Seine „Wüstenlektionen zum Aufbrechen“, so der Untertitel des Buches, verknüpft Pater Wilmer mit zahlreichen eigenen Erlebnissen und Erfahrungen: Wie er als stotternder Junge ausgelacht wurde. Wie er die Sterbebegleitung bei einem Nachbarjungen übernahm, der sich in den Kopf geschossen hatte. Oder er schildert seinen Aufenthalt in der L‘Arche Daybreak in Toronto, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung und ebenso seine Zeit als Schulleiter in Handrup. Dieses Amt übernahm er mit nur 36 Jahren – und im Lehrerkollegium hatte es der junge Chef  keineswegs immer nur leicht.

Heiner Wilmer: „Hunger nach Freiheit. Mose – Wüstenlektionen zum Aufbrechen“, 224 Seiten, 20 Euro, Herder-Verlag, ISBN 978-3-451-37945-1. Dieses Buch per E-Mail oder unter Tel. 0251/4839-210 bestellen.

Es ist ein Buch, völlig frei von Frömmelei und theologischen Floskeln, authentisch, lebensnah – und tief geprägt von mehreren Aufenthalten in Afrika. Um Mose zu verinnerlichen, meint der Autor, „sollte man die biblischen Erzählungen darüber in Afrika lesen“. Der Kontinent sei auch ein Schlüssel zu einem besseren und tieferen Verständnis von Europa und dem Abendland.

Von Afrika aus blickt Wilmer auf Europa und stellt sich die bange Frage: „Verliert das Abendland seine Seele?“ Dies sei zu befürchten, wenn es seinen jüdisch-christlichen Glauben verliere. Und so endet das Buch mit einem Plädoyer für eine Beschäftigung mit der mosaischen Tradition. Denn das eigentliche Fundament unserer Gesellschaft liege nicht in der griechisch-römischen Tradition, sondern in der jüdisch-christlichen Vorstellung von Gott.

„Die Erfahrung Moses mit Gott, das ist das Fundament unseres eigenen Lebens“, betont der Autor. „Und es ist zugleich Fundament unserer Gesellschaft und Politik.“

 

Kein strahlendes Idol

 

Mose, so stellt Willmer fest, sei kein Held, kein Vorbild, er tauge nicht als strahlendes Idol, wolle es auch gar nicht sein. Aber als Lehrer sei er wichtig. Und er habe heutigen Menschen damit viel zu sagen.

Seine Wüstenlektionen würden exemplarisch für menschliche Wüstenlektionen überhaupt stehen. „Sein Leben, seine Zerbrechlichkeit und Einsamkeit, seine Freude und seine Fülle, seine Wüstenlektionen wecken nicht nur bei seinem Volk den Hunger nach Freiheit, sondern auch bei uns“, stellt Wilmer fest. Mose sei ein „Meister der Freiheit“.

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