Historiker verteidigt Verhalten von Galens zum Zweiten Weltkrieg

Kuropka: Bischöfe haben Hitlers Krieg nicht begrüßt

Haben sich viele katholische Bischöfe 1939 von der Kriegsbegeisterung mitreißen lassen, wie der Theologe Heinrich Missala (1926-2018) behauptet hat? Der Historiker Joachim Kuropka aus Vechta widerspricht.

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Der Historiker Joachim Kuropka aus Vechta hält den Vorwurf für „absurd“, die katholischen Bischöfe in Deutschland hätten im September 1939 den Überfall auf Polen begrüßt und den Krieg Adolf Hitlers unterstützt. In einem Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ nannte es Kuropka zudem „völlig abstrus“, wenn gefordert werde, der damalige Münsteraner Bischof Clemens August von Galen habe sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs für seine angeblich zustimmenden Worte zum Kriegsausbruch entschuldigen müssen.

Der Historiker forderte, bei einer Beurteilung der Äußerungen von Galens zum Überfall auf Polen müssten zwingend die Zeitumstände berücksichtigt werden und ebenso die damals vorherrschende theologische Lehrmeinung. Wenn der Bischof heute für Aussagen aus den 1930er und 1940er Jahren kritisiert werde, ge­schehe dies oft auf unwis­­senschaftliche Weise und ohne entsprechende Einordnung.

 

Kuropka: Galen hat nie vom „Führer“ gesprochen

 

Kuropka erklärte, von Galen habe sich nicht als Politiker zum Krieg geäußert, sondern als ein Seelsorger, dem es um das Seelenheil der Menschen gegangen sei. Den Krieg habe der Bischof von Münster als Strafe Gottes für die Sünden der Menschen angesehen. Er habe sich aber nicht zu der Frage geäußert, ob ein Krieg als gerecht zu beurteilen sei. Maßstab sei für ihn die Lehre Thomas von Aquins zum Krieg gewesen. Von Galen habe zwar vom Einsatz für das Vaterland und für den Nächsten gesprochen, niemals aber vom „Führer“ und vom „Sieg“.

Zu berücksichtigen ist nach Ansicht des Historikers und Galen-Experten auch die große Furcht vor dem Bolschewismus, die in der katholischen Kirche vorherrschend gewesen sei. Der Bolschewismus sei nach den Unruhen in der Weimarer Republik als eine reale und nicht nur als theoretische Bedrohung für Deutschland empfunden worden.

 

Über Bolschewismus und Nationalsozialismus aufgeklärt

 

In der Sowjetunion hätten die kommunistischen Machthaber das Christentum seit der russischen Revolution nahezu ausge­rottet. Hunderttausende Menschen seien auch wegen ihres christlichen Glaubens hingerichtet worden. Das gelte es ebenfalls zu berücksichtigen. Nach dem Vormarsch deutscher Soldaten hätten die Menschen in der Ukraine die orthodoxen Kirchen wieder öffnen können. Dies hätten sie als Befreiung empfunden.

Von Galen habe die Menschen sowohl über den Bolschewismus als auch über den Nationalsozialismus aufgeklärt. Dies zeige sich auch an internen Berichten des geheimen Sicherheitsdienstes der SS.

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