Aktuell sind viele Ukrainerinnen zu Gast im Alten Pfarrhaus

Lachen erwünscht: Drensteinfurter Café Welcome steht Flüchtlingen offen

  • Das „Café Welcome“ in der Pfarrei St. Regina Drensteinfurt begrüßt inzwischen auch viele Flüchtlinge aus der Ukraine.
  • Jeden Donnerstagnachmittag wird Kaffee getrunken, gesungen und gelacht.
  • Die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges haben dabei viele Besucher.

Anzeige

Martha ist glücklich. Sie hat die Spielecke im Alten Pfarrhaus in Drensteinfurt an diesem Donnerstagnachmittag für sich ganz allein. Legosteine, Puppen und sogar ein Schaukelpferd: Alles, was ein Kinderherz begehrt, steht der Viereinhalbjährigen zum Spielen zu Verfügung. Mutter Sarina hat sich derweil an den gedeckten Kaffeetisch gesetzt und plaudert mit ihrer ukrainischen Landsmännin Yuliya Krause, die für die Frauen aus der katholischen Pfarrgemeinde St. Regina in Drensteinfurt dolmetscht. Einmal wöchentlich, immer am Donnerstagnachmittag, laden diese Flüchtlinge aus der Ukraine zum „Café Welcome“ ein.

Ein Ort der Begegnung soll es sein, ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen. Als die ersten Geflüchteten aus der Ukraine in Drensteinfurt im März ankommen, ergreift die Pfarrgemeinde um Pfarrer Jörg Schlummer die Initiative: „Wir wollten irgendwie etwas tun“, erinnert sich Pfarrsekretärin Judith Hagemann-Rose. Nach einem Aufruf in der Gemeinde gibt es am 25. März ein erstes Treffen. Eine inzwischen achtköpfige Frauengruppe kümmert sich seitdem ehrenamtlich um die Betreuung der Flüchtlinge. 139 Menschen aus der Ukraine leben inzwischen in Drensteinfurt, darunter 71 Frauen, 19 Männer und 49 Kinder.

Familie flüchtet aus der Region Donezk

Ein großer Vorteil ist, dass Yuliya Krause seit sechs Jahren mit ihrer Familie in Drensteinfurt wohnt. Sie ist vor 16 Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen und hat hier ihr Glück gesucht und gefunden. Sie studiert mittlerweile Architektur in Münster und spricht sehr gut deutsch. Die junge Frau stammt aus der Region Donezk, wo bis vor kurzem auch noch ihre 85-jährige Großmutter, ihre Mutter und eine Tante lebten.

Nach Ausbruch des Krieges fliehen sie nach Drensteinfurt. „Die Russen stehen jetzt vor den Toren unserer Heimat“, berichtet Yuliya Krause traurig. Dort in den Wäldern am Donbass hat sie im Sommer vergangenen Jahres noch mit ihrer Familie Urlaub gemacht. „Meine Oma möchte am liebsten sofort wieder nach Hause“, erzählt die junge Frau vom Heimweh der Seniorin.

Überwiegend Frauen und Kinder kommen vorbei

Auf dem langen Tisch im Pfarrsaal stehen Kaffee, Tee, Gebäck, Gummibärchen und kalte Getränke. An diesem Nachmittag im Juni trifft sich jedoch nur ein kleiner Kreis. Denn viele Flüchtlinge helfen beim Beladen eines Hilfstransports, der nach Dnipro fahren wird. Mit fast einer Million Einwohnern ist die Stadt die viertgrößte der gesamten Ukraine und das Einfallstor zur Ostukraine. Hier hat auch Sarina mit ihrer Familie bis zum Ausbruch des Krieges gelebt. Kleidung, Kinderwagen, Schlafsäcke, Babynahrung und haltbare Lebensmittel werden dort dringend gebraucht.

Monika Veith, Judith Hagemann-Rose und Irmgard Kleineidam (v.l.) als ehrenamtliche Betreuerinnen in der Küche des Alten Pfarrhauses. | Foto: Maria Kessing
Monika Veith, Judith Hagemann-Rose und Irmgard Kleineidam (von links) als ehrenamtliche Betreuerinnen in der Küche des Alten Pfarrhauses. | Foto: Maria Kessing

Es sind überwiegend Frauen mit ihren Kindern, die im „Café Welcome“ zusammenkommen. Einmal sei auch ein älterer Mann dabei gewesen. „So viele Frauen waren ihm wohl unheimlich“, meint Monika Veith schmunzelnd. Mit Judith Hagemann-Rose und Irmgard Kleineidam betreut sie an diesem Donnerstag die Gäste. Der Austausch der Flüchtlinge untereinander sei vor allem anfangs sehr wichtig gewesen. Zunächst seien auch Gastfamilien gekommen, um sich zu informieren. Inzwischen seien viele Kinder schon in der Schule oder der Kita gut eingebunden, während Mütter und Väter die Sprachkurse der Volkshochschule besuchen.

Gesungen, gelacht und gebastelt

Eine ukrainische Psychologin bietet im Alten Pfarrhaus regelmäßig Gespräche mit Entspannungsübungen an. Dort haben die Geflüchteten die Möglichkeit, über ihre Sorgen und Ängste zu reden. Im „Café Welcome“ werde trotz des großen Leids in der Heimat oft viel gelacht und sogar gesungen, erzählt Monika Veith. Manchmal gesellt sich auch der indische Pater Johny zu den Besuchern. Und dann werde auf Ukrainisch und Indisch gesungen, beschreibt Monika Veith die schöne Stimmung. Motto der Lieder: Die Ukraine wird wieder auferstehen.

Im Alten Pfarrsaal wird aber auch gebastelt, genäht und gehandarbeitet. Motanka – ist ein ukrainisches Wort für eine auf besondere Art und Weise hergestellte Puppe. Traditionell war sie ein Symbol der Fruchtbarkeit des Landes, des Fortbestehens und des Glücks und des Wohlergehens der Familie. Die Motanka-Puppe ist ein Talisman. An einem Stand haben die ukrainischen Frauen diese Püppchen und blau-gelbe gehäkelte Schlüsselanhänger verkauft und das Geld in die Heimat gespendet.

Hoffen auf Ende des Ukraine-Krieges

Sarina möchte mit Tochter Martha und Ehemann wieder zurück in die Heimat. Wann? Vielleicht am Jahreswechsel. „Wir hoffen, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet wird“, sagt Yuliya Krause. Aber: „Wir brauchen militärische Unterstützung, so brutal sich das anhört, um uns zu schützen. Alleine schaffen wir das nicht.“ Bis dahin sind die Flüchtlinge im „Café Welcome“ weiter herzlich willkommen.

Anzeige