Kommentar von Chefredakteur Markus Nolte

Laien taufen und predigen – und Priester brauchen ein stärkeres Profil

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Laien fordern mehr Rechte und mehr Beteiligung in der katholischen Kirche. Und es gibt erste Fortschritte – seit Neuestem dürfen sie auch taufen. Damit übernehmen sie zunehmend Aufgaben, die bislang den immer weniger werdenden Priestern vorbehalten sind. Was deren Amt ausmacht, bedarf dringend einer Schärfung, meint Chefredakteur Markus Nolte in seinem Kommentar.

Ein weiteres Privileg von Geweihten fällt: Im Bistum Essen dürfen jetzt auch Laien taufen. Weil dieser Dienst im Kern ein bischöflicher ist, hat Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck persönlich im Essener Dom 18 hauptamtliche Seelsorgende dazu beauftragt – 17 Frauen und einen Mann.

Diese deutsche Premiere ist zweifellos ein sinnvoller Schritt zu mehr Beteiligung von Laien, nachdem sie inzwischen berufen und begabt Gottesdiensten vorstehen, in Eucharistiefeiern predigen, Verstorbene beerdigen und in die Leitung von Pfarreien eingebunden werden.

Pragmatismus allein genügt nicht

Genauso ist ihre Taufbeauftragung ein erfrischend pragmatischer Schritt dahin, den seelsorglichen und sakramentalen „Bedürfnissen“ der Gläubigen trotz Priestermangels gerechter zu werden. Und doch genügt Pragmatismus allein nicht.

Klar, mit derselben seelsorgerlich „schwierigen Situation“, mit der Essen diesen Schritt begründet, könnte womöglich auch die Krankensalbung durch nicht-priesterliche Krankenhausseelsorgende legitimiert werden. Und nicht zuletzt die Eucharistie auch von nicht-zölibatär lebenden Priestern gefeiert werden. Insofern wäre zu wünschen, dass die seelsorgerliche Notlage nicht nur im Bistum Essen zum Tragen käme.

Mehr als Laien-Rechte und Laien-Beteiligung

Bei der Taufe freilich ist das am ehesten denkbar, weil ohnehin der eigentliche Taufspender weder Pastoralreferentin X. noch Pfarrer Y. ist, sondern laut Liturgiekonstitution des Konzils „wenn immer einer tauft, Chris­tus selber tauft“. Darum kann in großer Not sogar ein Ungetaufter gültig die Taufe spenden.

Eben darum geht es nicht nur um Laien-Rechte und Laien-Beteiligung. Eben darum braucht es umso dringender die redliche Beschäftigung damit, was angesichts der seelsorgerlichen Not und ganz grundsätzlich Priestersein ausmacht, worin es sich wie und warum und wozu unterscheidet. Nicht zuletzt: was unverzichtbar zum priesterlichen Amt gehört (Zölibat? Geschlecht? Managerqualitäten?) – und was nicht.

Der Synodale Weg wagt diese Diskussion respektvoll und theologisch fundiert. Sie ist wegen der vielgründigen Krise des kirchlichen Amtes, aber auch weltkirchlich nötig! Das verlangt die Würde des Sakraments wie des Gottesvolks. Das verdienen jene, die es leben. Und jene, die es leben würden, wenn sie dürften.

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