Neue Heimat für Insekten und Wildtiere

Landwirte bringen Wiesen zum Blühen für den Artenschutz

Im Münsterland und im nördlichen Ruhrgebiet legen immer mehr Landwirte Blühstreifen für den Artenschutz an. Unterstützung bekommen sie von der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft.

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Familie Tenkmann aus der Bauerschaft Ostendorf in Horstmar-Leer betreibt seit mehr als 700 Jahren Landwirtschaft. Sie bewirtschaftet einen Betrieb mit Ackerbau, wo Gerste, Weizen, Triticale und Mais als Futtergrundlage für die Tiere angebaut werden.

Landwirt Berthold Tenkmann war sofort begeistert, als im vergangenen Jahr die Idee der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft und der Landwirtschaftlichen Kreisverbände im Münsterland geboren wurde, mit dem Projekt „Blühendes Band durchs Münsterland“ aktiv und kreisübergreifend etwas für den Artenschutz zu tun.

Auf mehr als 150 Hektar, was mehr als 210 Fußballfeldern entspricht, haben Hunderte von Landwirten in Münster und in den Kreisen Coesfeld, Borken, Steinfurt, Warendorf und Recklinghausen im Frühjahr auf ihren Ackerflächen entlang von Getreide und Mais Streifen mit einjährigen Pflanzen angelegt, die künftig zahlreichen Insekten und Wildtieren eine Heimat bieten.

 

Image der Bauern bessert sich

 

„Wir müssen mehr für den Artenschutz tun“, sagt Tenkmann, als er den Vertretern der Landwirtschaftlichen Kreisverbände im Bezirk Münsterland seine Felder mit den Blühstreifen zeigt. „Diese Aktion ist nicht nur für die Ökologie wichtig, sondern auch für das Image der Landwirte“, fügt er hinzu und räumt ein, dass bei vielen Landwirten erst spät ein Umdenken hin zu mehr Artenschutz eingesetzt habe.

Die Landwirte, die Teil des blühenden Bandes werden wollten, haben das Saatgut für ihre Flächen gratis erhalten. Das Saatgut besteht aus zehn einjährigen Kulturarten, enthält keine Gräser und ist für die biologische Landwirtschaf zugelassen.

 

Saatgut für 150 Hektar Land

 

Das Bio-Saatgut für die Blühstreifen war in kürzester Zeit vergriffen, wie der Landschaftsökologe Steffen Hogeback von der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft berichtet. Nachdem die Stiftung die ersten 100 Hektar gefördert hatte, stellte sie aufgrund der hohen Nachfrage für weitere 50 Hektar Saatgut zur Verfügung.

„An den meisten Feldflächen weisen Schilder auf die Blühstreifen und ihren Nutzen hin, damit sich auch allgemein das Bewusstsein für den Artenschutz verstärkt“, sagt Hogeback.

Durch die Blühstreifen würden wertvolle Rückzugsräume für zahlreiche Insekten und andere Tiere geschaffen, und nicht zuletzt werde das Landschaftsbild verschönert.

 

Bis Herbst viele Blüten

 

Wie Michael Uckelmann vom Kreisverband Coesfeld sagt, hätten die Landwirte untereinander gut zusammengearbeitet, als die Aussaat anstand.  Susanne Schulze Bockeloh vom Kreisverband Münster fügt hinzu, das gemeinsame Projekt von Landwirten im Münsterland zeige, dass die Landwirtschaft sich für die „Artenvielfalt einsetzt und sich für die Nachhaltigkeit stark macht“.

Bezirksvorsitzender Friedrich Steinmann, der einen Hof in Bottrop betreibt, hofft, in den nächsten Wochen an den Feldern neben Buchweizen und Phacelia viele andere Blüten wie Lein, Koriander, Malve und Sonnenblume zu sehen. „Bis in den Herbst werden wir viele Blüten entdecken.“

 

Schutz der Kulturlandschaft

 

Gerade den Landwirten ist bewusst, wie sehr Honigbienen, Hummeln, Wildbienen, Schmetterlinge und viele andere Insekten für den Erhalt der Artenvielfalt von Wildpflanzen, aber auch bei der Bestäubung von Kulturpflanzen wie Obst oder Raps eine wichtige Rolle spielen, meint Hogeback.

„Allein 84 Prozent unserer heimischen Blütenpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen, sodass ohne sie unsere Kulturlandschaft undenkbar wäre“, sagt der Experte. Jedoch fehle es vielerorts zunehmend an blühenden Flächen. Dies verschlechtere die Lebensbedingungen von Insekten, „weil einfach die Nahrungsgrundlage fehlt“.

 

Rückgang der Insekten-Population

 

Wie Steinmann sagt, sei das Insektensterben unter den Landwirten ein großes Thema. 2017 wurde der Rückgang der Insektenpopulationen zu einem bundesweit beachteten Thema. Auslöser war die Veröffentlichung von Erkenntnissen des Entomologischen Vereins Krefeld, nach denen an manchen Messstellen zwischen 1989 und 2013 ein Rückgang der Biomasse an Insekten von 75 Prozent zu verzeichnen sei. „Diesen Insektenrückgang wollen wir stoppen und eine Kehrtwende einleiten“, sagt Tenkmann.

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