Pfarrer begründet seinen Abschied von Heilig Kreuz Münster

Lob, Enttäuschung und Kritik für Pfarrer Stefan Jürgens

Pfarrer Stefan Jürgens von Heilig Kreuz in Münster hat vor 100 Gemeindemitgliedern seinen Weggang begründet. Die Menschen reagierten mit Lob, Enttäuschung und Kritik.

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Trauer, Enttäuschung, hier und da Wut und Kritik, aber vor allem Beifall, Dankbarkeit und Verständnis sind dem scheidenden Pfarrer der Pfarrei Heilig Kreuz in Münster, Stefan Jürgens, am Donnerstagabend bei einer Gemeindeversammlung im Pfarrzentrum entgegengebracht worden. „Ich gehe nicht mit Groll oder einem schlechten Gefühl, denn ich bin gern hier gewesen. Ich habe aber gemerkt, dass ich anderswo glücklicher wäre“, erklärte Jürgens.

Er habe viele tolle Menschen in Heilig Kreuz kennengelernt, doch einige wenige hätten ihm Steine in den Weg gelegt, erläuterte er vor rund 100 Personen seine Beweggründe, die Gemeinde zu verlassen und nach Ahaus und Alstätte zu gehen. „Ich habe manchmal Angst um meine Freude am Glauben gehabt und bin immer trauriger, zurückhaltender und stiller geworden.“

 

Pfarrer fühlte sich überflüssig und nicht ausgelastet

 

Jürgens betonte, dass er bei seinem Start vor drei Jahren zunächst „Muffensausen“ gehabt und der Wechsel nach Münster für ihn als „Landei“ eine größere Umstellung bedeutet habe. „Ich wollte mich aber hier für lange Zeit niederlassen und bin fröhlich und erfolgreich gestartet“, versicherte er. Der Seelsorger äußerte sich sehr positiv über die Sonntagsgottesdienste, „fantastische Kirchenmusik“, die „grandiose Messdiener-Gemeinschaft“ und die „klasse Katechese“ in Heilig Kreuz.

„Hier gibt es eine Menge weltveränderndes Potenzial“, lobte er. Andererseits habe er sich ein bisschen überflüssig und nicht ausgelastet gefühlt, weil so viele andere Priester Gottesdienste gehalten hätten.

 

Jürgens: Mangelnde Kritikfähigkeit von Gemeindemitgliedern

 

„Wenn ich aber sage, dass die Gemeinde gut aufgestellt und fertig strukturiert ist, dann ist das kein Angriff und keine Kritik“, unterstrich der Pfarrer. „Ich habe nur bei manchen keine Kritikfähigkeit gespürt, und wenn mir Leute sehr arrogant gegenübertreten, dann ziehe ich mich schnell zurück.“

Die neue Stelle in Ahaus und Alstätte sei für ihn deshalb attraktiv, weil der dortige Pfarrer noch stark in die Gesellschaft hineinwirken und etwas gestalten könne. „Ich habe auf dem Land wieder mehr Boden unter den Füßen und muss nicht nur Leistung bringen, sondern darf fruchtbar sein“, machte Jürgens deutlich.

 

Gemeindemitglieder äußerten Trauer, Kritik und Enttäuschung

 

Charakteristisch für die Reaktionen aus der Gemeinde waren Äußerungen wie: „Ich bin sehr traurig, dass jemand zutiefst unglücklich war.“ Und: „Sie sind ein intensiver und guter Seelsorger, von dem ich viel mitgenommen habe.“ Oder: „Das tut mir alles furchtbar leid, aber Sie machen das schon richtig.“ Allerdings wurde auch Kritik geübt, warum Jürgens seine Unzufriedenheit, Ziele und Wünsche nicht früher und klarer kommuniziert habe.

„Ich höre nur immer: Ich, Ich, Ich“, kritisierte eine Frau. „Hier war auch eine große Aufgabe, und wir müssen alle Leistung bringen, denn dafür werden wir bezahlt.“

 

Jürgens: „Im Pfarreirat und Kirchenvorstand waren Gespräche nicht möglich“

 

Jürgens entgegnete, man könne Gesundheits- und Glaubensfragen nicht in einer großen Öffentlichkeit diskutieren. Im Pfarreirat oder Kirchenvorstand sei ein solches Gespräch nicht möglich gewesen.

Ein anderes Gemeindemitglied bemängelte, Jürgens sei mit der Gemeinde in Beziehung gegangen und habe damit auch Verantwortung für diese Beziehung, die jetzt abbreche. „Ich hätte mir längeren Atem gewünscht, aber ich habe eine unheimlich große Wertschätzung für dich.“

 

Ruf nach Vertrauen

 

Auf ausgeteilten Karten wurde Jürgens in erster Linie viel Glück, Zufriedenheit und Gottes Segen für die Zukunft gewünscht. Am Ende der Versammlung stand schließlich die Frage, was die Pfarrei in Zukunft anders machen könne. Der Rat des scheidenden Pfarrers lautete: „Schaut nach vorn, haltet zusammen und werdet im Beten treuer. Wir brauchen mehr Vertrauen.“

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