Anzeige
Vanuatu belegt im Weltrisikobericht einen Spitzenplatz der katastrophengefährdeten Staaten. Wie sich eine katholische Frauengruppe hilft und stützt – auch dank Spenden im Weltmissionsmonat.
Immer wieder wird Vanuatu von Zyklonen, Dürren und Starkregen heimgesucht. Die kleine Inselnation nordöstlich von Australien gilt als das Land, das weltweit am stärksten von Naturkatastrophen betroffen ist. Die Frauen von Port Orly wissen, was das bedeutet. Im Jahr 2020 hat Zyklon Harold das Versammlungshaus ihrer Frauengemeinschaft vollkommen zerstört.
Doch nicht nur Naturgewalten machen den Frauen zu schaffen. Oft erleiden sie Gewalt. Oder sie werden der Hexerei bezichtigt und verfolgt. Viele Katholikinnen haben sich in „Mamagruppen“ zusammengeschlossen. Sie nennen sich so, weil die meisten Frauen Kinder haben. In den Mamagruppen beten sie gemeinsam und unterstützen sich gegenseitig. Und sie lernen, wie sie nach und nach mehr Eigenständigkeit gewinnen.
Frauen helfen Menschen in Not
Die Mamagruppe aus Port Orly half auch Odilia Borovoa, die der Hexerei bezichtigt wurde. Ein aufgebrachter Mob brannte ihr Haus nieder. Sie und ihre Familie blieben unverletzt. Mithilfe der Mamagruppe kam sie wieder auf die Beine. Jetzt ist sie selbst aktiv in der Gruppe.
Die Frauen besuchen Kranke, beten mit ihnen, helfen Menschen, wenn sie in Not geraten. Manchmal mit Nahrungsmitteln, manchmal, indem sie den teuren Transport zu einem Arzt organisieren. Oft setzen sie dazu ihr eigenes Geld ein. „Die Frauen müssen die Rolle der Männer übernehmen. Das ist das Problem in Vanuatu“, meint Odilia. „Sie arbeiten mehr als Männer. Sie müssen auf die Kinder aufpassen, sie arbeiten im Garten, sie erwirtschaften das Geld für die Schulgebühren.“
Schwestern stehen Frauen bei der Geburt bei
Monat der Weltmission
Die Kollekte zum Sonntag der Weltmission, 27. Oktober, ist die größte globale Solidaritätsaktion der Katholiken. Gläubige in mehr als 100 Ländern spenden dann für die Arbeit der etwa 1.100 ärmsten Diözesen der Kirche in Afrika, Asien und Ozeanien. Diese Diözesen finanzieren daraus ihre Ausbildung, Seelsorge und Infrastruktur mit.
Das hat auch Schwester Suliana Fakatika während ihres mehr als 27-jährigen Einsatzes als Krankenschwester in Vanuatu immer wieder beobachtet. Die Maristenschwester kommt ursprünglich aus Wallis und Futuna, einer winzigen Inselnation im Südpazifik. Als Krankenschwester hat sie in Vanuatu Frauen beigestanden, die in den Dschungel gingen, um ihre Kinder dort allein zur Welt zu bringen. Eine riskante Geburt. Manchmal konnte Sr. Suliana nur noch das Neugeborene retten.
Doch viel Aufklärung über die Gefahren einer solchen Geburt in Dorfgemeinschaften und das Einbeziehen der Ehemänner brachten auch ermutigende Veränderungen. Plötzlich kamen Schwangere von weither, um in der Entbindungsstation zu gebären. Manchmal wurden sie von ihren Ehemännern begleitet, was zuvor nie geschehen war.
Frauen wollen Vanuatu entwickeln
Heute arbeitet Sr. Suliana mit ihren 79 Jahren in Luganville auf der Insel Espirito Santo noch immer als Krankenschwester und engagiert sich in der Mamagruppe. Und auch hier sieht sie, dass sich etwas tut.
„Die Frauen erheben sich, trotz allem. Sie organisieren sich in Frauengruppen, bringen ihr Geld zur Bank und sparen. Sie sind es, die Vanuatu entwickeln.“ Und mit einem verschmitzten Lächeln fügt sie hinzu: „Ich bete, dass eines Tages eine Frau Premierministerin von Vanuatu wird. Wenn es eine Frau ist, wird sich Vanuatu von Kopf bis Fuß ändern.“
Das Wunder von Port Orly (Vanuatu)
„Mein Mann schlug mich, als ich schwanger war. Dadurch verlor ich mein erstes Kind vor der Geburt. Auch das zweite Kind starb während der Schwangerschaft. Das Baby kam tot zur Welt. Danach konnte ich keine Kinder mehr bekommen. 2012 erkrankte ich schwer. Die Ärzte vermuteten Gebärmutterhalskrebs. Sie teilten mir mit, dass ich nur noch sechs Wochen zu leben habe. Doch die Diagnose stellte sich als falsch heraus. Für mich ist das ein Wunder. Ich sagte Schwester Annie, dass ich gerne eine Gruppe gründen würde, die sich Sacré-Cœur-Gruppe nennen sollte. Ich sagte ihr, ich habe Höhen und Tiefen in meinem Leben. Mein Leben ist nicht stabil. Darum kann ich diese Gruppe nicht allein auf die Beine stellen. Ich bat sie um Hilfe. Schwester Annie leitet die katholische Schule hier in Port Orly. Sie startete einen Aufruf unter den Müttern der Schülerinnen und Schüler ihrer Schule. So entstand die Mamagruppe „Sacré-Cœur“, Heiligherz. 2018 adoptierte ich einen zwei Tage alten kleinen Jungen. Der Vater zweifelte an der Vaterschaft und wollte seine Frau zwingen, das Kind abzutreiben. Doch seine Frau weigerte sich. Daraufhin verstieß er den Jungen und ich nahm ihn auf. Heute ist er fünf Jahre alt und mein ganzer Stolz.“
Gislaine Samsen, 48 Jahre alt, Gründerin der Mamagruppe „Sacré-Cœur“ und Herzensmutter.