BIBEL AM SONNTAG (2. Adventssonntag/C)

Maria Bubenitschek: Die Chance der Wüste

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Nahezu jeder kennt Wüsten-Zeiten. Warum der Advent Hoffnung schenkt, sagt Maria Bubenitschek und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit, in einer Welt, in der nichts sicher scheint“ – diese Liedzeilen aus dem Song „Irgendwas bleibt“ der deutschen Pop-Rockband Silbermond aus Bautzen scheinen wie für diese Zeit geschrieben zu sein.

Wir werden bei den biblischen Texten heute hineingenommen in Zeiten der Unsicherheit, des Exils, der Wüste. Wüste – welche Bilder löst das bei uns aus? Trockenheit, Hitze, Dürre, unendliche Weite, sandiger Boden, unsicherer Gang, Verzweiflung, Einsamkeit… 

Die Wüsten-Zeiten in unserem Leben

Die Lesungen vom 2. Adventssonntag / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Wir kennen solche Wüstenerfahrungen – selbst wenn wir persönlich noch nie in einer Wüste waren. Vielleicht erleben wir gerade jetzt eine Wüsten-Zeit oder wir erinnern uns an eine oder mehrere Phasen in unserem Leben, in denen wir uns wie in einer Wüste gefühlt haben: hoffnungslos, verloren, einsam, allein … Die Wüsten-Zeiten in unserem Leben läuten oft Veränderungen ein.

So ist es auch im Leben Jesu. Wir erinnern uns an die entscheidenden 40 Tage in der Wüste. Heute hören wir im Evangelium von Johannes, dem Rufer in der Wüste. Auch dort passiert Entscheidendes: Johannes ruft in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn!

Dankbar sein für die Gemeinschaft

Wie kann das gehen: den Weg des Herrn bereiten? Vielleicht bedeutet es, sich den Wüsten-Zeiten im Leben zu stellen. Es gibt Zeiten, da fühle ich mich eben genau so: verloren, verlassen, einsam. Ich kann mich in diesen Gefühlen verlieren – oder daran glauben und darauf vertrauen, dass sie ein Ende nehmen werden. Unsere christliche Hoffnung und die Texte des heutigen Sonntags weisen genau darauf hin.

Der Apostel Paulus hat die Gemeinde von Christen und Christinnen in Philippi als erste auf europäischem Boden gegründet und er blieb ihr immer sehr verbunden. Somit ist er sehr dankbar für diese Gemeinschaft und lenkt im Gebet den Fokus auf das, was ihnen „blühen“ wird, wenn der Tag Christi kommt. Darauf können sie sich vorbereiten.

Die Ankunft des Messias

Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Baruch und der Text aus dem Lukas-Evangelium beschreiben in eindrucksvollen Bildern, was durch die Ankunft des Messias passieren wird: Berge senken sich, Täler erheben sich, Krummes wird gerade. An diesem Sonntag und im Advent überhaupt kommen Propheten zu Wort.

Propheten und Prophetinnen sind Menschen, die in sich einen starken Ruf von Gott her spüren, verbunden mit dem Auftrag, Gottes Botschaft weiterzutragen. Propheten und Prophetinnen blicken in die Vergangenheit. Sie beurteilen sie mit einer „göttlichen Brille“ und weisen auf die grundlegenden Veränderungen hin, die von Gott kommen. Sie laden die Menschen dazu ein oder fordern sie sogar dazu auf, ihr Leben neu nach Gott auszurichten, von Gott etwas zu erhoffen zu erwarten, sich in Bewegung setzen zu lassen. Sie bedienen sich dazu häufig eindringlicher Bilder.

Wer sich bewusst auf den Weg macht

Für das Begreifen und Verstehen von Erkenntnissen und Veränderungen braucht es manchmal Wüsten-Zeiten – für Propheten und Prophetinnen und für uns. Wir können in eine Wüsten-Zeit in unserem Leben quasi hineingeraten oder wir können uns ganz bewusst dafür entscheiden, in die Wüste zu gehen – wie Johannes. Wer sich bewusst auf diesen Weg macht, wird ein bisschen einsamer. 

Wer sich bewusst auf den Weg in die Wüste macht, der braucht die Einsamkeit, um das zu finden, was wichtig ist. Wer sich bewusst aufmacht, der spürt den Mangel und spürt die Sehnsucht, hat Erwartungen und hegt Hoffnungen.

Die Sehnsucht im Advent

Die Zeit des Advents kann eine Einladung sein, uns in eine solche Wüsten-Zeit hineinzubegeben – damit wir aus dem Mangel heraus die Sehnsucht nach Licht, nach Wärme, nach Gemeinschaft spüren und entdecken.

„Bereitet den Weg des Herrn!“ – so ruft Johannes. Den Weg bereiten heißt: sich auf Gottes Ankunft in dieser Welt vorzubereiten. Der Advent, die Tage des Mangels und des Dunkels sind nötig, damit wir uns wirklich auf Weihnachten einlassen können.

Zum Aufbruch herausgefordert

Advent – das ist die Zeit, die uns zum Aufbruch herausfordert, zum Aufbruch unseres Herzens. Dann kann Unvorstellbares passieren, dann werden Berge und Hügel abgetragen, dann wird Krummes gerade. Dann wird es hell in dunkler Zeit, dann wird sicher, was unsicher erscheint.

Das kann sie sein, die Sicherheit, nach der wir uns sehnen: Eine Stimme in der Wüste unseres Lebens, die die Sehnsucht weckt nach der nie verlöschenden Lebenskraft Gottes, nach grenzenloser Liebe, nach Barmherzigkeit, damit wir uns in Bewegung setzen in die Fülle des Lebens, die uns verheißen ist.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 2. Adventssonntag / Lesejahr C finden Sie hier.

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