BIBEL AM SONNTAG (1. Adventssonntag/C)

Maria Bubenitschek: Leben in der „Dazwischen”-Zeit

Anzeige

Die Adventszeit bricht an. Wie können wir diese Wartezeit gestalten? Dies fragt Maria Bubenitschek und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Wenn ich auf etwas warte, langweile ich mich manchmal schrecklich. Ständig schaue ich auf die Uhr; die Zeit will einfach nicht vergehen. Ich bin so ungeduldig. Wenn ich auf etwas warte, dann bin ich manchmal sehr aufgeregt. Ich renne hin und her und bin voller Spannung und Ungeduld. Wenn ich auf etwas warte, dann ist mein Herz voller Vorfreude.

Ich bin ein bisschen ungeduldig und ein bisschen aufgeregt, ich bin gespannt und neugierig. Ich wünsche mir, die Zeit möge schneller vergehen – und gleichzeitig möchte ich die Zeit anhalten, denn auch die Wartezeit ist eine schöne Zeit. Ich male mir aus, wie das Ersehnte eintrifft. Ich bereite etwas vor. Die Freude des Wartens, die Vor-Freude ist eine besondere Freude.

Wie wollen wir den Advent verbringen?

Die Lesungen vom 1. Adventssonntag / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Eine Wartezeit ist für uns alle angebrochen: der Advent. Wie wollen wir diese Zeit verbringen? Gelangweilt oder hektisch, aufgeregt und voller Vorfreude? In diese Spannbreite der Gefühle nimmt uns die erste Lesung mit hinein. Jeremia beginnt mit den Worten „Siehe, Tage kommen“ und berührt damit die Wirklichkeit des Gottesvolkes Israel: Es lebte zwischen Verheißung und Erfüllung. „Dazwischen“ – ein Wort, das ganz Unterschiedliches auslöst in allen Lebensbereichen, sowohl im Persönlichen als auch in der Wahrnehmung von gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklungen.

Ein „Dazwischen“ nehmen wir möglicherweise wahr, wenn wir an das Wetter denken, auch an die Auswirkungen der Klimaentwicklung in unserer Welt: zwischen Hitze und extremer Kälte, zwischen Dürre und Überflutungen. Wo mag das hinführen?

Zwischen Unsicherheit und neuer Energie

Als „dazwischen“ erleben wir möglicherweise die politische Situation in unserem Land, in Europa, in der Welt. Viele unterschiedliche Kräfte und Strömungen beeinflussen uns. Wo mag das hinführen? Wenn wir auf die Situation unserer Kirche schauen, dann spüren wir vermutlich auch ein „Irgendwie-Dazwischen“. Wir wissen und spüren, dass vieles Alte, uns Liebgewordene vorbei ist, und ahnen, dass viel Neues vor uns liegt, von dem wir noch nicht wissen, wie es wird. Das betrifft sowohl das kirchliche Leben in unseren Pfarreien und Gemeinden, als auch in den Verbänden, Gruppen, Einrichtungen. Wo mag das hinführen?

Ein „Dazwischen“ löst immer sehr verschiedene Gefühle und Verhaltensweisen aus. Die Erkenntnis, dass Vergangenes vorbei ist, kann traurig, depressiv, mutlos machen. Der Blick auf Neues und in die Zukunft kann Energie freisetzen. Es kann auch genau andersherum sein. Ich kann froh sein, dass die Vergangenheit vorbei ist, und das Neue, das kommen wird, löst Angst und Unsicherheit aus.

Was machen wir jetzt? 

Was machen wir jetzt mit diesem „Dazwischen“? Einen kleinen Hinweis gibt uns dazu die zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich. Er lädt dazu ein, nicht im „Dazwischen“ zu verharren, sondern etwas zu tun. Es heißt dort: „Ihr habt von uns gelernt, wie ihr leben müsst, um Gott zu gefallen, und ihr lebt auch so; werdet darin noch vollkommener!“

Wie dieses Leben, dieser Auftrag sein kann, wird in den ersten Versen beschrieben: Es geht um die Liebe und damit um die Haltung im Umgehen miteinander. Vielleicht ist dann die Zeit des Advents, die an diesem Sonntag beginnt, genau die Zeit, in der wir uns in dieser Liebe, in dieser Haltung im Umgehen miteinander wieder neu einüben können.

Sei bereit, sei wachsam!

Was bedeutet das konkret? Das kann letztendlich nur jede und jeder von uns für sich ganz persönlich benennen. Vielleicht bedeutet es, den Blick weg von den glitzernden Dekorationen in den Schaufenstern auf die Menschen zu richten, die sich vor der Advents- und Weihnachtszeit fürchten, die jetzt besonders unter ihrer Einsamkeit leiden, die sich in sich verkriechen, deren Seele Trauer trägt, die unter Schwermut und Angst leiden und sich nach Licht in ihrem Leben sehnen. Vielleicht bedeutet es auch, Zeit mit Menschen zu verbringen, die nicht planlos in den Tag hineinleben, die sich ihres Tuns bewusst sind und die hellwach sind für das, was um sie herum passiert. 

Wir heute leben nicht in der Nahzeiterwartung des Kommens des Messias oder der Ankunft des Herrn, und doch sind wir aufgerufen, jeden Tag so zu leben, als sei es so. Darauf macht uns der Text aus dem Lukas-Evangelium aufmerksam: Sei bereit, sei wachsam! Du weißt nicht, wann und wie er kommt. Lebe so, dass er kommen kann. Jederzeit! Ein wunderbarer Impuls für den Beginn der Adventszeit!

Sämtliche Texte der Lesungen vom 1. Adventssonntag / Lesejahr C finden Sie hier.

Anzeige