Initiative in Münster fordert finanzielle Zusage des Stadtrates

„Marischa“ will Hilfe für Prostituierte auf Bordelle und Clubs ausweiten

  • Seit mehr als sieben Jahren hilft „Marischa“ den Prostituierten auf dem Straßenstrich in Münster.
  • Jetzt sollen auch Bordelle, Clubs und Privatwohnungen in den Blick genommen werden.
  • Doch der Rat der Stadt Münster muss die Finanzierung der Hauptamtlichen zusichern.

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Seit mehr als sieben Jahren hilft „Marischa“ den Prostituierten auf dem Straßenstrich in Münster. Die Ehrenamts-Initiative wurde 2013 von zwei katholischen Theologiestudenten ins Leben gerufen. Bis dato gab es nahezu keine Unterstützung für die meist aus Bulgarien stammenden Frauen, die sich aus Armutsgründen prostituieren.

2014 wurde „Marischa“ für dieses Engagement mit dem „Dialogpreis für gute Taten“ des Bistums Münster ausgezeichnet. Zurzeit suchen die Ehrenamtlichen einmal wöchentlich die Frauen zwischen Lippstädter Straße und Siemensstraße auf, bieten Kaffee, Kondome und Unterstützung an. „Sechs oder sieben Frauen sind abends immer da“, sagt Anja Kräker. Auch während des Corona-Lockdowns lief die Hilfe weiter. Allerdings in anderer Form.

Bordelle, Clubs und Wohnungen im Blick

Seit einigen Jahren wird das Projekt von einer hauptamtlichen Mitarbeiterin im städtischen Gesundheitsamt mit halber Stelle begleitet. Sie spricht auch Bulgarisch. „Wir sind nun an den Punkt gekommen, dass dies allein nicht mehr ausreicht“, erklärt Kräker. „Zusätzlich zum Straßenstrich wollen wir in die anderen Prostitutionsstätten in der Stadt gehen.“ Auch diese Frauen bräuchten Hilfe. Kräker und das Team der 15 Ehrenamtlichen haben dabei die Bordelle, Clubs und Privatwohnungen im Blick. Die 33-Jährige geht von etwa zehn Etablissements und rund 350 im Rotlicht-Milieu tätigen Frauen aus.

„Eine genaue Zahl ist schwierig zu nennen, viele arbeiten tageweise“, so Kräker. Die meist aus Rumänien stammenden Prostituierten hätten einen ähnlichen Hilfebedarf wie die Frauen auf der Straße. „Sie mögen einen etwas besseren Arbeitsrahmen haben, viele können ihre persönlichen Angelegenheiten dennoch nicht selbst regeln.“ „Marischa“ wolle ihnen gesundheitliche Beratung, Hilfe bei der Wohnungsfindung, Begleitungen zum Arzt und zu Behörden oder Ausstiegsberatung anbieten.

Münsters Rat muss über weitere Hilfen entscheiden

Noch steht die Finanzierung dafür nicht – in zweierlei Hinsicht. „Die Stelle der bisherigen hauptamtlichen Kraft im Gesundheitsamt läuft Ende des Jahres aus. Damit sie uns weiter unterstützen kann, haben wir einen Verlängerungsantrag gestellt“, nennt Kräker die Wünsche an die Stadt. Auch für die Einrichtung der zweiten halben Stelle, um die Arbeit auf Clubs und Bordelle auszuweiten, hat „Marischa“ einen Antrag gestellt. Voraussichtlich im Dezember will der Rat der Stadt über beide Anliegen entscheiden, so Kräker.

Mehr Informationen zum Projekt sind zu erhalten unter www.muenster.org/projektmarischa.

„Wir wünschen uns ausdrücklich eine zweite Person“, erläutert sie. „So ist ein kollegialer Austausch zwischen den beiden Hauptamtlichen möglich und eine weitere Person für uns im Fall von Urlaub oder Krankheit ansprechbar.“ Das Gesundheitsamt bündele für „Marischa“ zentrale organisatorische und koordinierende Aufgaben, die die Ehrenamtlichen selbst nicht leisten könnten.

Mit Lebensmitteln im Lockdown unterstützt

Studierende, Sozialarbeiter, Juristen, Geografen gehören zur Initiative. Während der monatelangen Lockdown-Phasen und des Prostitutionsverbots haben die Helfer und Helferinnen die Frauen mit Lebensmitteln, Gutscheinen und Telefonkarten versorgt und Telefonkontakt gehalten. „Zu Anfang haben wir die Lebensmitteltüten bei der Bahnhofsmission abgegeben. Dort konnten die Frauen sie abholen. Inzwischen haben wir einen monatlichen Treffpunkt dafür, mal im Gesundheitsamt, mal in Räumen der Überwasser-Kirche.“ Unterstützt wird „Marischa“ auch durch die Coesfelder Tafel. „Der Verein ist von sich aus auf uns zugekommen, um zu helfen“, ist Kräker dankbar.

Bei vielen Prostituierten hätten sich in der Coronazeit Mietschulden gehäuft, ihre Wohnsituation sei gefährdet. Auch das gesundheitliche Risiko sei gestiegen. Seit April 2021 gelte auf dem Straßenstrich zwar die 3G-Regel, die Frauen müssten geimpft, genesen oder getestet sein. Bei den Freiern seien diese Vorgaben allerdings schwierig nachzuhalten, so Kräker.

Förderverein gegründet

Wie die Situation in den Bordellen und Clubs aussieht, kann sie nicht sagen. Eine inzwischen pensionierte Mitarbeiterin des Gesundheitsamts engagiere sich nun bei „Marischa“. Durch sie und das Netzwerk „Sexualität und Gesundheit“ im Münsterland erhoffe man sich Zugang zu diesen Frauen. Zudem hat „Marischa“ gerade einen Förderverein gegründet. Er soll Spendengelder verwalten, als Ansprechpartner für neue Ehrenamtliche dienen und sie in die Arbeit integrieren. Auf Dauer sollen auch Fortbildungstage und Supervision für die Haupt- und Ehrenamtlichen angeboten werden.

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