Kardinal: Situation verlangt „anspruchsvolle Seelsorge“

Marx: Wiederverheiratete im Einzelfall zur Kommunion zulassen

Im Streit um die Interpretation des päpstlichen Schreibens „Amoris laetitia“ hält der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den Text für „nicht so missverständlich, wie manche behaupten“.

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Im Streit um die Interpretation des päpstlichen Schreibens „Amoris laetitia“ hält der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den Text für „nicht so missverständlich, wie manche behaupten“. Als Konsequenz daraus sollten etwa wiederverheiratete Geschiedene nicht bis zum Ende ihres Lebens „wie in einer Sackgasse eingemauert sein“ und gegebenenfalls auch wieder zur Kommunion und zur Beichte gehen dürfen, sagte Marx am Dienstag in einem persönlichen Jahresbilanz-Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur in München.

Es handle sich um keine neue Lehre, betonte der Münchner Erzbischof weiter: „Der Papst will, dass wir einen neuen, pastoralen Blick auf die Realität werfen und unser Leben, auch wenn es nicht immer gelungen ist, mit dem Anspruch des Evangeliums verbinden und der Barmherzigkeit Gottes vertrauen.“

 

Gewissensentscheidung des Einzelnen

 

Kardinal Reinhard Marx. | Foto: Michael Bönte
Kardinal Reinhard Marx. | Foto: Michael Bönte

Befragt zu den praktischen Konsequenzen, sagte Marx außerdem, es gelte, „in der pastoralen Begleitung die Gewissensentscheidung des Einzelnen zu formen und zu respektieren“. Dabei müsse „die biografische, oft sehr schwierige Situation des Einzelnen im Horizont des Evangeliums gut angeschaut werden“. Dies verlange „anspruchsvolle Seelsorge“. Dazu müssten die Priester nun ermutigt werden, aber „viele handeln schon so“.

Zur Haltung der deutschen Bischöfe sagte Marx, „ich denke, dass sie den Papst unterstützen und sein Schreiben als eine positive Weiterentwicklung sehen“. Ob die Bischöfe dazu noch ein gemeinsames Schreiben veröffentlichen, ließ Marx offen.

 

Debatte um Kommunionempfang

 

In der Debatte über das päpstliche Schreiben zu Ehe und Familie „Amoris laetitia“ vom April dieses Jahres geht es vor allem um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Strittig ist, ob die Betreffenden nun – anders als bisher – in Ausnahmefällen zur Kommunion zugelassen werden dürfen oder nicht.

Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Debatte im November mit der Veröffentlichung eines Briefs von vier Kardinälen. Die Unterzeichner, unter ihnen der frühere Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner und der emeritierte Kurienkardinal Walter Brandmüller, fordern vom Papst mehr Klarheit in dieser Frage. Dieser Vorstoß wiederum wurde von einigen heftig kritisiert, von anderen wiederum als legitime Anfrage begrüßt.

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