Ein Jahr nach Bekanntwerden der Fälle haben sich elf Betroffene gemeldet

Massive Wut in Rhede über Umgang des Bistums mit Missbrauch

Ein Jahr nach Bekanntwerden der Fälle sexuellen Missbrauchs durch einen inzwischen verstorbenen Priester in Rhede machen Gemeindemitglieder dem Bistum Münster massive Vorwürfe. Dessen Vertreter räumen Fehler ein.

 

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„Was da passiert ist, lässt sich nur als Desaster, als Versagen der Verwaltung auf ganzer Linie bezeichnen“, machte ein Pfarreimitglied seinem Ärger Luft. Wut und Fassungslosigkeit sind in Rhede ein Jahr nach dem Bekanntwerden der Fälle sexuellen Missbrauchs durch den inzwischen verstorbenen Priester Heinz Pottbäcker immer noch groß. Das wurde bei einer Informationsveranstaltung deutlich, an der auch der stellvertretende Generalvikar und der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Jochen Reideld und Peters Frings teilnahmen. Elf Betroffene haben sich bislang bei Martin Schmitz, dem Initiator der Rheder Selbsthilfegruppe, gemeldet. Insgesamt geht er von 20 bis 30 Betroffenen in Rhede aus.

Während Schmitz den Einsatz von Pfarrer Thorsten Schmölzing und den Gremien in Sachen Aufarbeitung lobte, kritisierte er das Vorgehen des Bistums. Reaktionen und Antworten aus Münster demütigten die Betroffenen weiterhin. Dass sich Münsters Bischof Felix Genn in den zurückliegenden Monaten keinem Gespräch in Rhede gestellt habe, konnten viele Anwesende nicht verstehen. Nicht nur die Täter, auch die Personalverantwortlichen sollen zur Verantwortung gezogen werden, forderten die Anwesenden.

 

Reidegeld: Kirche vor letzter Chance

 

Reidegeld gab Versäumnisse zu: „Uns ist es noch nicht gelungen, alles nachzuholen, was in den vergangenen Jahrzehnten bewusst oder unbewusst falsch gelaufen ist.“ Er hofft auf klare Reformen im System der katholischen Kirche: „Wenn Männer und Frauen, Priester und Laien in der Leitung nicht gleichberechtigt werden, verlieren wir endgültig das Vertrauen der Menschen.“ Eine „letzte Chance“ sieht er im Synodalen Weg, bei dem die deutschen Bischöfe mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken ab Dezember über Veränderungen in der Kirche diskutieren wollen.

Auch Peter Frings räumte Fehler in seinen ersten Monaten als Interventionsbeauftragter im Zugehen auf Betroffene ein. Alles sei neu, vieles unvorhersehbar gewesen: „Ich habe aus den ersten Gesprächen gelernt.“ Was die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Bistum angehe, setzt Frings auf die Ergebnisse der Historikerkommission der Universität Münster, die unabhängig vom Bistum arbeitet.

Hinweis für mögliche Betroffene sexuellen Missbrauchs
Betroffene können sich bei den unabhängigen Ansprechpersonen im Bistum Münster für Verfahren bei Fällen sexuellen Missbrauchs melden: Bernadette Böcker-Kock: 0151-63404738; Bardo Schaffner: 0151-43816695.

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