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Bei der Aufklärung über die Bedrohung von Persönlichkeitsrechten durch digitale Medien sieht die Theologin und Medienwissenschaftlerin Johanna Haberer die Kirchen in der Pflicht. Es reiche nicht, wenn Kirchen sich selbst im Internet präsentieren und wenn Bischöfe twitterten und auf Facebook aktiv seien, sagte sie im Interview den Wochenzeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück. Vielmehr müssten sie „energisch auf die Schattenseiten der Digitalisierung aufmerksam machen“ und Mechanismen und den Umgang mit ihnen zu einem Teil ihrer Seelsorge machen.
„Das Thema gehört in den Firmunterricht, in den Religionsunterricht, in die kirchliche Bildungsarbeit“, so die Professorin für Christliche Publizistik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Hier müsse deutlich werden, dass Internetkonzerne die Nutzer überwachten, in die Vereinzelung trieben und in sogenannte Informationsblasen steckten. „Sie überhäufen uns mit Werbung, die genau auf uns zugeschnitten ist. Eben weil sie so viel über uns wissen.“
Appell für „neue Formen der Vergebung“ im Internet
Wenn Nutzer des Internets derart durchschaubar und manipulierbar würden, sei das „ein Angriff auf unsere Menschenwürde“, sagte Haberer. „Da geht unsere Freiheit verloren. Die Freiheit, nach unserem eigenen Willen Entscheidungen zu treffen.“ Als Beispiel nannte sie das Erfassen von Gesundheitsdaten etwa durch elektronische Fitness-Überwacher für Herz und Puls. „Nach diesen Daten berechnet Ihre Versicherung dann Ihre Beitragskosten“, erläuterte die evangelische Theologin und frühere Sprecherin der ARD-Sendung „Wort zum Sonntag“.
Haberer warnte zudem vor den Folgen der ewigen Speicherung im Internet. Das mache auch Vergebung schwierig. Wie solle etwa einem Straffälligen ein Neuanfang gelingen, wenn seine Vergehen im Internet nie vergessen werden. Auch zu unrecht Beschuldigte blieben dadurch „ein Leben lang schmutzbeklebt“. Hier müssten gerade die Kirchen „neue Formen der Vergebung“ im Internet finden, so Haberer. Als Beispiel nannte sie „Vergebungsplattformen“. Hier sollten Menschen sich vorstellen und sagen können: „Sie finden dies und das über mich im Netz, dies und das wird mir vorgeworfen, aber ich fange jetzt neu an“. Haberer hatte 2015 zum Thema das Buch „Digitale Theologie. Gott und die Medienrevolution der Gegenwart“ (Kösel) veröffentlicht.