Ein Miteinander auf Augenhöhe

Mertens und Vossel testen Leitungsmodell in Herten

Pfarrer Norbert Mertens und Josef Vossel testen ein Modell der geteilten Leitung in der Pfarrei St. Antonius in Herten. Die vier Kirchorte mit 10.000 Mitgliedern und nur einem Pfarrer sind ein Pilotprojekt des Bistums Münster.

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Pfarrer Norbert Mertens und Josef Vossel verstehen sich. Das wird schnell klar. Seit gut einem Jahr arbeitet Vossel als Verwaltungsreferent in der Pfarrei St. Antonius in Herten. „Dieses gute Miteinander ist eine Grundvoraussetzung für das Modell der geteilten Leitung, das wir seit Oktober in Herten testen“, berichtet Mertens.

Am Anfang gab es eine Idee. Warum nicht Verantwortlichkeiten in der Leitung der Pfarrei trennen. Bei den Überlegungen stellte sich schnell heraus, dass dies auf hauptamtlicher Ebene geschehen soll. „Die Idee haben wir mit unseren Gremien besprochen. Auch sie konnten sich die Teilung von Verwaltung und Seelsorge gut vorstellen“, berichtet Mertens, der mit der Verabschiedung von Pastor Christoph Gerdemann nun der einzige Pfarrer in der Gemeinde mit knapp 10.000 Mitgliedern an vier Kirchorten ist. Zwar stehen ihm noch ein Subsidiar sowie zwei Emeriti zur Seite, „aber jede Hochzeit, jede Taufe inklusive der Vorgespräche landet beispielsweise jetzt bei mir“, erklärt Mertens. Hinzu kämen die Gottesdienste und weitere priesterliche Aufgaben.

 

Herten ist zeitlich befristetes Pilotprojekt

 

„Als das positive Votum aus den Gremien kam, dass sie sich diesen Weg mit mir vorstellen können, fühlte ich mich geehrt“, gibt Vossel zu. Parallel führten sie Gespräche im Bischöflichen Generalvikariat mit den Fachabteilungen Verwaltung, Personal und Seelsorge. Dann gab es grünes Licht für das zeitlich befristete Pilotprojekt. Bislang war es so geregelt, dass Zentralrendantur, Kirchenvorstand oder Mitarbeiter ausgearbeitete Vorschläge machten, denen der Pfarrer zustimmte. Mit dem neuen Modell ändert sich der Ablauf in Herten: Die Zentralrendantur kümmert sich weiterhin um die Vorbereitung und Ausarbeitung der Vorlagen. Anstelle des Pfarrers stimmt nun der Verwaltungsleiter zu und die Durchführung und Umsetzung liegt wiederum bei der Zentralrendantur.

„Es geht darum, die Stelle des Pfarrers neu zu definieren. Aus seiner Sicht muss es gesehen werden“, erklärt Mertens. Bislang sei der Geistliche nicht nur Seelsorgechef, sondern auch verantwortlich für Verwaltung. Diese Verantwortung gibt er an den Verwaltungsleiter ab. „Wir agieren auf Augenhöhe“, erklärt er. Im Gefüge der Pfarrei ändere sich nichts. „Es ist nur eine andere Person, die für die Aufgaben zuständig ist“, informiert Vossel.

 

Pfarrer gibt Verantwortung ab

 

Verantwortung abzugeben, falle ihm nicht schwer, gibt Mertens zu und sagt: „Aber nach 18 Jahren in dieser Funktion, muss ich mich noch daran gewöhnen, und es vielleicht auch ein bisschen lernen.“ Wichtig ist Beiden das Miteinander. „Es ist unsere gemeinsame Vision, wie Pastoral gehen kann“, sagt der Pfarrer. Denn Verwaltung in der Kirche sei auch Verkündigung. „Das muss ich im Blick halten. Alles was wir tun, wird unter dem Aspekt Kirche gesehen – ob als Arbeitgeber oder Vermieter zum Beispiel“, ist sich Vossel seiner Verantwortung bewusst.

Für ihn mache das Konstrukt insgesamt Sinn. Das kann Mertens nur bestätigen: „Er hat diese Arbeit gelernt, ist als Betriebswirt ein Fachmann mit anderem Hintergrundwissen und Erfahrungen.“ Zudem sei Vossel für viele – wie beispielsweise Banken – ein kompetenterer Ansprechpartner als er. Im Unterschied zum Verwaltungsreferenten arbeite der Verwaltungsleiter dem Pfarrer nicht nur zu, sondern agiere mit eigener Entscheidungskompetenz und Verantwortung. „Ich bin an der Schnittstelle zum Beispiel beim Personal. Führungsverantwortung hat mir immer schon gelegen“, sagt Vossel und Mertens fügt hinzu: „Das habe ich nicht gelernt und sehe es auch nicht als meine Aufgabe.“

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