Ein Klassiker zu Ostern – nicht nur wegen des „Halleluja“

„Messias“ von Händel vor 275 Jahren erstmals aufgeführt

Wer an das Oratorium „Messias“ von Georg Friedrich Händel denkt, der hat das bekannte „Halleluja“ im Ohr. Als das Werk vor 275 Jahren erstmals zu hören war, stand es aber sogar unter dem Verdacht der Blasphemie.

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Geht gar nicht! Blasphemie! Die feine Londoner Gesellschaft war 1742 geradezu empört. Da wagte es dieser abgehalfterte Opernkomponist Georg Friedrich Händel, ein Oratorium mit dem Titel „Messias“ als „Entertainment“-Veranstaltung im irischen Dublin aufzuführen. Mit vorwiegend alttestamentarischen Bibelzitaten wird darin die Heilsgeschichte Jesu erzählt, von den Prophezeiungen bis zur Wiederkehr am jüngsten Tag.

Was heute – nicht zuletzt wegen des populären „Halleluja“ – zu den bekanntesten Stücken Händels gehört, schien nach der Uraufführung am 13. April vor 275 Jahren zunächst eine Pleite zu werden. Zwar feierten die Dubliner den „Messias“, nicht jedoch das maßgebliche Londoner Publikum.

 

Neue Form des Musikdramas

 

In gerade 24 Tagen, vom 24. August bis 12. September 1741, hatte Händel die Partitur – zum Teil unter Verwendung früherer Stücke – niedergeschrieben. Zuvor hatte der aus Halle an der Saale stammende Komponist, der seit 1712 in London lebte, mit 42 Opern zunächst große Erfolge geerntet, dann jedoch mehr und mehr auch wirtschaftliche Tiefschläge. Mit dem Oratorium „Messias“ wollte Händel an alten Ruhm anknüpfen. Zumal er als Oratorien-Komponist in London quasi keine Konkurrenz hatte – sprich: Er nutzte eine Marktlücke.

Von 1743 bis 1752 schrieb Händel ein bis zwei Oratorien pro Saison, viele zu Themen aus dem Alten Testament. Am Ende zählte das Werkverzeichnis 25 Stücke. Dabei schuf er eine neue Form des Musikdramas: Er verknüpfte Elemente des englischen Theaters, des klassischen französischen Dramas, der deutschen Kirchenkantate und der italienischen Oper. Vor allem der Chor wurde aufgewertet. Kein Wunder, dass die meisten Menschen bei Händels „Messias“ sofort – nicht selten ausschließlich – den imposanten „Halleluja“-Chor im Ohr haben.

 

Aufführungen rund um Ostern

 

Der „Messias“ blieb für Händel ein besonderes Stück. Er schrieb in D-Dur – der Tonart, in der die festlichen Barock-Trompeten der damaligen Zeit gestimmt waren; zugleich die meistverwandte Tonart der irischen Folklore. Immer wieder überarbeitete er das Oratorium. Den skeptischen Londonern, denen schon der Titel „Messias“ für eine Abendunterhaltung in einem weltlichen Theater anstößig erschien, kam Händel entgegen: Bei der ersten Londoner Aufführung am 13. März 1743 im Theater „Covent Garden“ wurde das Stück einfach als „A New Sacred Oratorio“ angekündigt.

Erst 1750 begann eine jährliche Aufführungstradition: Händel schloss seitdem seine Oratoriensaison in der Fastenzeit immer mit dem „Messias“ ab. Zur Tradition wurde auch die Aufführung nach Ostern in der Kapelle des Londoner Foundling-Hospitals, deren Erlöse Waisen zukamen. Schon die Einnahmen der Uraufführung in Dublin hatte Händel Schuldgefangenen und Armenkrankenhäusern gespendet.

 

Erst 30 Jahre nach Uraufführung in Deutschland

 

Dass Händel den „Messias“ stets in der Fasten- oder Osterzeit auf den Spielplan setzte, entsprach dem Inhalt, der im zweiten Teil die Passion und Auferstehung, im dritten Teil die Wiederkunft und Verherrlichung Jesu behandelt. Doch schon zu Händels Lebzeiten wurde es in Dublin üblich, das Werk auch im Advent aufzuführen – thematisiert doch der erste Teil des Oratoriums die Verheißung von Christi Geburt.

Eine Woche vor seinem Tod saß der inzwischen erblindete Händel 1759 zum letzten Mal in einer Messias-Aufführung in London an der Orgel. Erst 13 Jahre nach seinem Ableben und fast genau auf den Tag 30 Jahre nach der Uraufführung in Dublin erklang am 15. April 1772 der „Messias“ zum ersten Mal in Deutschland: in Hamburg, in englischer Sprache und mit einem englischen Dirigenten. Mit Erfolg: Inzwischen gehört das Stück auch im Heimatland seines Komponisten zu den Aufführungs-Klassikern der Fasten- und Osterzeit.

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