Nach Video-Statement Anfang Oktober

Missbrauch: Betroffene kritisieren früheren Erzbischof Zollitsch scharf

  • Der Freiburger Betroffenenbeirat hat die Video-Botschaft des ehemaligen Erzbischofs Robert Zollitsch scharf kritisiert.
  • Betroffene hätten das Video als bedrohliche Machtdemonstration empfunden.
  • Es brauche einen echten Dialog zwischen Zollitsch und Betroffenen, so eine Forderung.
     

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Der Freiburger Betroffenenbeirat hat die Video-Äußerung des früheren Bischofskonferenz-Vorsitzenden und Freiburger katholischen Erzbischofs Robert Zollitsch zu sexualisierter Gewalt und Vertuschung als unzureichend kritisiert. Viele Betroffene hätten das Video als eine bedrohliche Machtdemonstration empfunden, schreibt der Beirat in einem am Dienstag veröffentlichten Brief an Zollitsch.

„Sie haben Ihre Version der Wahrheit im Internet platziert, ohne die Möglichkeit eines Dialoges. In unseren Biografien wiederholt sich damit etwas. Als Kinder und Jugendliche haben wir schon einmal erlebt, dass mächtige Kirchenvertreter definieren, was die Wahrheit ist, und unsere Perspektive weder gehört noch ernst genommen wurde“, so die Sprecherin des Beirats, Julia Sander. Die im Video formulierte Bitte um Verzeihung sei unangebracht, solange Zollitsch nicht mehr für Betroffene leiste und ihnen einen echten Dialog anbiete.

Betroffene fordern neue Stiftung

Der Beirat forderte Zollitsch auf, eine Stiftung zugunsten von Missbrauchsbetroffene zu gründen. Er solle seine Beziehungen nutzen, um Gelder für die bis heute Leidenden bereitzustellen. Geld könne keine Traumata heilen, so der Beirat. „Doch wir alle wissen, dass das, was Traumata heilen lässt, Geld kostet.“ Zollitsch müsse auch die amtierenden Bischöfe auffordern, mehr für Betroffene zu tun.

Scharf kritisieren die Betroffenenvertreter, dass Zollitsch seine Verdienste zur Aufarbeitung aufzähle. Der emeritierte Erzbischof verweigere eine volle Verantwortungsübernahme, so die Kritik. Auch sei es entlarvend, dass Zollitsch auf seiner Internetseite mit dem Video keine Kontakt- und Hilfsmöglichkeiten für Betroffene anführe. Statt nur auf Anwälte und Medienberater zu setzen, müsse er stärker die Perspektive der Betroffenen berücksichtigen. „Verzeihen ist für Betroffene frühestens dann möglich, wenn Sie alles getan haben, was in Ihrer Macht liegt.“

Freiburger Missbrauchsstudie kommt später

Der frühere Bischofskonferenz-Vorsitzende hatte am 6. Oktober nach langem Schweigen große Fehler und persönliche Schuld im Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch eingeräumt. In dem Video bat er Opfer und ihre Familien um Verzeihung, „für das zusätzliche Leid, das Ihnen mein Verhalten bereitet hat“. Konkrete Hinweise zu persönlichem Fehlverhalten gab er nicht. Zugleich betonte er, nach 2010 Anstöße für Aufarbeitung und Prävention gegeben zu haben.

Das Handeln Zollitschs, der im Erzbistum Freiburg zunächst als Personalchef und dann als Bischof Verantwortung trug, wird auch in einer Studie zu sexualisierter Gewalt und Vertuschung im Erzbistum untersucht. Ursprünglich hätte die Studie an diesem Dienstag erscheinen sollen. Die Veröffentlichung wurde auf Ende April verschoben, um sie rechtssicher zu machen.

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