Anzeige
Ein damals angehender Priester soll 1984 eine Person sexuell missbraucht haben. Die betroffene Pfarrei in Bottrop-Kirchhellen informiert.
Die Pfarrei St. Johannes der Täufer in Bottrop-Kirchhellen steht bei der Aufklärung eines Vorwurfs sexuellen Missbrauchs an der Seite der betroffenen Person, die den Fall öffentlich gemacht hat. „Wir haben unsere Pfarrei umgehend informiert und möchten möglichen weiteren Betroffenen Mut machen, sich zu melden“, sagte der Kirchhellener Pfarrer Christoph Potowski bei einem Gesprächsabend im Pfarrheim über den Missbrauchsvorwurf.
Bischof Felix Genn hatte am 30. Januar einem Priester des Bistums Münster ausnahmslos alle priesterlichen und seelsorglichen Tätigkeiten untersagt. Weil der Priester schon 2022 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden war, hatte er schon seitdem keinen besonderen seelsorglichen Auftrag mehr.
Kirchhellen: Verdacht auf Missbrauch im Jugendlager
Gegen den Beschuldigten gibt es den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs im Jahr 1984 in einem Jugendlager der Pfarrei St. Johannes der Täufer Kirchhellen. Der mutmaßliche Täter war im selben zum Diakon geweiht worden, 1985 zum Priester. Später wirkte er als Seelsorger in Sendenhorst, Warendorf und Münster, ab 2009 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand in der Gefängnisseelsorge in der JVA Geldern (Pont).
Beim Gesprächsabend in Kirchhellen erläuterten die Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Eva-Maria Kapteina, und Bistumssprecher Stephan Kronenburg den rund 40 Teilnehmenden die Suspendierung und die umgehende Medieninformation: „Im Dezember 2024 meldete sich eine betroffene Person bei der Interventionsstelle des Bistums“, berichtete Kapteina. „Wir haben ein persönliches Gespräch mit ihr geführt. Die betroffene Person hatte den Mut, ihren Fall auch öffentlich zu machen.“
Meldung an die Staatsanwaltschaft in Arnsberg
Mit der beschuldigten Person sei dann ein „Konfrontationsgespräch“ geführt worden, erklärte Kapteina, ohne auf Einzelheiten eingehen zu können: „Der Inhalt der Besprechung bleibt vertraulich.“
Im Anschluss habe das Bistum Münster umgehend die Meldung an die zuständige Staatsanwaltschaft in Arnsberg weitergegeben und die kirchenrechtliche Voruntersuchung eröffnet. „Die Staatsanwaltschaft in Arnsberg ist zuständig, weil sich der Vorfall im Regierungsbezirk Arnsberg ereignet hat“, informierte Kapteina.
Keine Namensnennung des Beschuldigten
Wie Bistumssprecher Kronenburg erläuterte, sei nach Abwägung der Umstände die sofortige Suspendierung des Priesters erfolgt. Zugleich sei sie öffentlich gemacht worden: „Wir gehen den Weg größtmöglicher Transparenz und haben mögliche weitere Betroffene aufgerufen, sich zu melden. Auch deshalb haben wir alle Einsatzorte des Beschuldigten benannt.“
Eine Namensnennung des Beschuldigten erfolge ausdrücklich nicht, erklärte Kronenburg auf Nachfrage von Gemeindemitgliedern: „Wir haben die Persönlichkeitsrechte zu schützen. Mit Fällen sexuellen Missbrauchs in die Öffentlichkeit zu gehen, ist immer eine Gratwanderung“, sagte er. Die Medieninformation in diesem konkreten Fall sei mit der betroffenen Person abgesprochen geworden.
Selbsthilfegruppe in Bottrop
Über die Schwierigkeit, einen Missbrauch zu verarbeiten, berichtete Markus Elstner, der vor einigen Jahren in Bottrop eine Selbsthilfegruppe für Betroffene sexuellen Missbrauchs gegründet hat: „Mein Leben ist verpfuscht. Schule, Beruf, Beziehungen – es gab überall Probleme. Es hat lange gedauert, bis ich über das Geschehene sprechen konnte“, sagte er. Er sei als Messdiener von Kaplan H. missbraucht worden, der viele Jahre im Bistum Essen und später in Bayern an verschiedenen Orten Kinder missbraucht habe.
„Die Kirche hat diesen Täter geschützt und damit die Kinder, also die Betroffenen, zu Schuldigen gemacht“, sagte Elstner. Er erwarte von der Kirche mehr finanzielle Unterstützung für die Betroffenen. „Das permanente Ausfüllen von Anträgen für die Anerkennung von Leid macht einen mürbe. Das darf nicht sein.“
Würdigung des Wissenschaftlers Großbölting
Betroffenen sexuellen Missbrauchs soll das von der Deutschen Bischofskonferenz 2021 eingeführte Verfahren die Möglichkeit geben, ohne die Belastungen eines Gerichtsverfahrens Geldleistungen zu erhalten. Gleichwohl wird das Verfahren von Betroffenen wiederholt als intransparent kritisiert.
Mehrere Teilnehmende bewerteten die Aufklärungsarbeit der Bistums-Leitung und die 2022 vorgestellte umfangreiche Missbrauchsstudie des Bistums Münster als positiv. Den Leiter der Studie, den am 11. Februar 2025 bei einem Zugunglück tödlich verunglückten Professor Thomas Großbölting, würdigten Gemeindemitglieder, Betroffene und die Referenten als präzisen und vorbildlichen Wissenschaftler und Aufklärer des sexuellen Missbrauchs im Raum der katholischen Kirche.