Anzeige
Ehemalige Schüler aus katholischen Schulen brachten den Missbrauchsskandal in der Kirche in die Öffentlichkeit. Jetzt hoffen Matthias Katsch und weitere Ex-Schüler auf finanzielle Anerkennung.
Knapp 15 Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche haben Betroffene des Vereins „Eckiger Tisch“ erstmals Anträge auf Anerkennungsleistungen gestellt. „Wir wollen nicht länger auf eine Einigung mit der katholischen Kirche über eine transparente, faire und kirchenunabhängige Entschädigungslösung zu warten“, sagte der Sprecher des Vereins „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Berlin. In dem Verein haben sich Männer aus den von Jesuiten geführten Gymnasien zusammengeschlossen, die in ihrer Schulzeit missbraucht worden sind. Nach Angaben von Katsch besuchten die Antragsteller das Canisius-Kolleg in Berlin.
Im Januar 2010 waren dort zahlreiche Missbrauchsfälle publik geworden. Das löste in der Folge einen bundesweiten Missbrauchsskandal in zahlreichen kirchlichen aber auch anderen Einrichtungen aus. Seitdem wird auch über Entschädigungen oder Anerkennungsleistungen für die Opfer diskutiert.
Wie entscheidet die UKA?
Die Ansprechperson des Jesuitenordens habe die Anträge an die von der Deutschen Bischofskonferenz eingerichtete „Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen“ (UKA) zur Entscheidung übermittelt, so Katsch. „Wir erwarten hier nun eine zügige Bearbeitung und sind gespannt auf die gewährte Höhe dieser – wie die Kirche nicht müde wird zu betonen – freiwilligen Leistung.“ Besonders interessant sei es zu sehen, wie sich die jüngsten Entscheidungen von Zivilgerichten bei Klagen von Betroffenen von Schmerzensgeld und Entschädigung auswirkten.
Seit 2021 entscheidet die UKA darüber, wie viel Geld Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche in Anerkennung des ihnen zugefügten Leids erhalten. Bei der Bemessung der Leistungshöhe orientiert man sich an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern, und zwar an deren oberen Rand. Eine Höchstgrenze gibt es nicht. Die Verfahrensordnung sieht vor, dass bei Beträgen oberhalb von 50.000 Euro die jeweiligen kirchlichen Institutionen zustimmen. Diese Zustimmung ist laut Angaben der UKA bislang stets erfolgt.
Erzbistum Köln zahlte 300.000 Euro an Betroffenen
Zuvor hatte 2019 eine Arbeitsgruppe, der auch Katsch angehörte, im Auftrag der deutschen Bischöfe einen Vorschlag vorgelegt, um die Missbrauchsopfer der Kirche mit Schmerzensgeldern für das Leid und die Folgen in ihrem Leben zu entschädigen. Als Richtwert wurde in dem Papier eine Zahlung von 300.000 Euro genannt. Die Bischöfe entschieden sich in der Folge aber für die Einrichtung der UKA.
Im vergangenen Jahr hatten das Kölner Landgericht einem früheren Messdiener mit 300.000 Euro die bislang höchste derartige Schmerzensgeldsumme zugesprochen. Die Kirche hatte dem Kläger 25.000 Euro in Anerkennung des Leids gezahlt. Die große Missbrauchsstudie der katholischen Kirche (MHG-Studie) wurde am 25. September 2018 vorgestellt.