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Das von der katholischen Kirche in Deutschland praktizierte Verfahren zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern soll beschleunigt werden. Die Verfahren "in der Anlaufzeit der letzten Monate" hätten zu lange gedauert, räumte die seit Jahresbeginn zuständige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) am Donnerstag in Bonn ein. Inzwischen seien aber "wichtige Weichenstellungen" erfolgt, "die die Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen werden".
Das Gremium reagierte damit auf einen am Dienstag öffentlich gewordenen Brief von Missbrauchsbetroffenen an die Bischöfe und Generalvikare der 27 Bistümer. Darin bitten sie, das aktuelle Verfahren zu stoppen. Unterzeichner des Schreibens sind der frühere Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats, Patrick Bauer, und Jens Windel, Gründer der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim und Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz.
173 Anträge auf Anerkennung beschieden
Bei der UKA sind aktuell insgesamt 1.172 Anträge eingegangen und 173 davon beschieden. Unlängst hatte die Kommission eine personelle Aufstockung bekanntgegeben, um die Anträge zügiger bearbeiten zu können. Die Betroffenen befürchten laut Bauer und Windel, dass die geplante Aufstockung der UKA "maximal" zu einer Verdopplung des Bearbeitungstempos führen werde. Demnach wären bis Jahresende "nicht einmal ein Drittel der vorliegenden Anträge" bearbeitet; über einen heute gestellten Antrag würde in drei Jahren entschieden.
Einzelne Kritikpunkte in dem Brief von Bauer und Windel wies das Gremium, dem die Juristin Margarete Reske vorsteht, zurück. So nehme die "pauschale Wertung", durch die Entscheidung der UKA werde "weder das tatsächlich erlittene Leid widergespiegelt, noch eine genugtuende, wertschätzende Anerkennungsleistung erbracht", die "professionelle und engagierte Arbeit" der Unabhängigen Kommission nicht zur Kenntnis.
Zur Klärung weiterer Fragen, die sich aus dem Brief ergeben, wolle man seitens der UKA "zeitnah" das Gespräch mit den Verfassern suchen, hieß es.
Unterdessen rufen Betroffene im Bistum Münster zu einer selbstbestimmten Beteiligung auf. Die Betroffenen kritisieren in einem Interview mit "Kirche-und-Leben.de" die Arbeit vieler Betroffenen-Beiräte in deutschen Bistümern und wollen losgelöst von der "Täter-Organisation" einen eigenen Weg gehen. Das Generalvikariat seinerseits bietet Hilfe an, hält sich ansonsten jedoch zurück.