RECHT

Erneute Anzeige gegen Kardinal Woelki laut Erzbistum „völlig haltlos“

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Wegen möglichen Prozessbetrugs gibt es eine neue Anzeige gegen den Kölner Erzbischof. Nun hat das Erzbistum reagiert und weist die Vorwürfe zurück.

Von epd, KNA

 

Update, 25. Juni (KNA): Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki weist den Verdacht auf Prozessbetrug zurück. Anwälte und ein prominenter Betroffenenvertreter haben ihn als Leiter des Erzbistums Köln angezeigt, weil die Erzdiözese in einem Schmerzensgeldprozess wichtige Dokumente vorenthalten habe. „Er war mit der Prozessführung und der Entscheidung, welche Unterlagen vorgelegt werden, nicht betraut“, sagte ein Bistumssprecher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Erzbischof habe somit keine Entscheidung getroffen, ob Unterlagen vorgelegt werden müssen oder nicht. „Daher ist eine strafrechtliche Verdächtigung seiner Person völlig haltlos.“

In einer ersten Reaktion hatte das Erzbistum mitgeteilt, es könne den Vertuschungsvorwurf nicht nachvollziehen. „Der Klägerin liegt die Personalakte nach eigenem Vortrag im Gerichtsverfahren vor“, so die Erzdiözese.

Die Anzeigenerstatter sehen insbesondere in einem Brief des früheren Leiters des Priesterseminars an U. einen Beleg für den Missbrauch im Amt. Mit der Pflegschaft bürdeten „Sie sich in Ihrer Tätigkeit als Kaplan“ eine ungewöhnliche Last auf, heißt es darin. Die Formulierung „in Ihrer Tätigkeit“ werten die Anwälte als Hinweis darauf, dass der Seminarleiter die Pflegschaft als Teil der Seelsorgetätigkeit von U. verstanden habe. Sonst hätte die Formulierung „neben seiner Tätigkeit“ nahe gelegen.

Anzeige durch Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ 

Erstmeldung, 24. Juni (epd): Im Zusammenhang mit dem Schadenersatz-Verfahren eines Missbrauchsopfers gegen das Erzbistum Köln ist einem Medienbericht zufolge Strafanzeige gestellt worden gegen Kardinal Rainer Maria Woelki und weitere Angehörige der Bistumsleitung. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der WDR am Dienstag berichten, wird dem Erzbischof und weiteren leitenden Beschäftigten des Bistums versuchter Prozessbetrug vorgeworfen. Sie hätten dem Landgericht Köln Dokumente aus der Personalakte des Missbrauchstäters vorenthalten.

Die Anzeige hätten die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ und die Anwälte der Klägerin in dem Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Köln eingereicht. Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anzeige am Dienstagmittag auf epd-Anfrage noch nicht.

Durch das Vorenthalten der Dokumente seien Sachverhalte, die für die Frage einer Amtshaftung der Kirche von entscheidender Bedeutung seien, in den Darlegungen der Bistumsanwälte verschleiert oder verfälschend dargestellt worden, hieß es. Woelki sei nach Ansicht der Anzeige-Erstatter nicht nur als Letztverantwortlicher mit der Prozessführung vertraut. Alles spreche dafür, dass er „in alle Details eingebunden“ gewesen sei.

Gerichtsentscheidung am 1. Juli erwartet

Konkret geht es um die Klage der früheren Pflegetochter des als Serientäter verurteilten ehemaligen Priesters U. Eine Entscheidung darüber wird für den 1. Juli erwartet. Die heute 58 Jahre alte Frau war von dem Geistlichen als Zwölfjährige in Pflege genommen und in den Folgejahren schwer missbraucht worden.

Für die Übernahme des Sorgerechts durch den Geistlichen U. habe es einer Sondergenehmigung des damaligen Kölner Erzbischofs, Kardinal Joseph Höffner, bedurft, berichten „Kölner Stadt-Anzeiger“ und WDR.

Zurückgehaltene Dokumente damaliger Bistumsleitung

Das Erzbistum bestreite die Amtshaftung mit dem Argument, U. habe die Missbrauchstaten nicht in Ausübung seines Amtes begangen, sondern als Privatperson in seiner Freizeit. Die Klägerin und ihre Anwälte argumentierten hingegen mit dem katholischen Amtsverständnis, wonach ein Priester „immer im Dienst“ sei. Mit der Zustimmung zur Übernahme des Sorgerechts habe das Erzbistum die Kinder in den seelsorglichen Verantwortungsbereich der Kirche hineingenommen.

Die Dokumente, die nun zur Anzeige gegen Woelki führten, enthalten dem Bericht zufolge unter anderem ausführliche Erörterungen der damaligen Bistumsleitung zur Verantwortung für das Wohl der beiden Pflegekinder. Außerdem werde die Zustimmung des Bistums zur Übernahme des Sorgerechts an strenge Vorgaben geknüpft, darunter die Beschäftigung einer Haushälterin. Das sei allerdings nie durchgesetzt oder kontrolliert worden.

Update, 12.40 Uhr: Aussage der Staatsanwaltschaft ergänzt (jdw)

 

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