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Viele Ordensfrauen weltweit erleben sexualisierte Gewalt. Die Angst, darüber zu sprechen, ist enorm. Auf dem afrikanischen Kontinent ist Sexualität ein Tabu, was es noch schwerer macht, wie ein neues Buch zeigt.
Missbrauch und Sexualität sind nach Worten von Ordensfrau Mary Lembo aus Togo immer noch Tabu-Themen in Afrika. Mehrere Jahre habe sie Überzeugungsarbeit leisten müssen, bevor afrikanische Ordensfrauen mit ihr über Missbrauchserfahrungen durch Priester sprachen, berichtete sie am Freitag in einem Pressegespräch beim katholischen Hilfswerk Missio in Aachen. Ihre Dissertation „Sexueller Missbrauch von Ordensfrauen in Afrika“ ist jetzt auf Deutsch erschienen.
„Missbrauch ist Realität“, so Katharinenschwester Lembo. Ordensfrauen stünden in engem Kontakt zu Priestern, vertrauten ihnen und suchten Rat und Hilfe. Daraus könnten „asymmetrische Beziehungen“ entstehen. Einige Priester machten den Frauen Komplimente, berichtete die Expertin; andere isolierten sie hingegen. Auch gebe es oft eine gewisse Naivität. Ordensfrauen hätten mitunter die Vorstellung, ein Priester könne sie nicht verletzen.
Afrikanische Ordensfrau: Sexualität bleibt gesellschaftliches Tabu
Sexualität sei weiter ein gesellschaftliches Tabu – so begründet Lembo, warum Missbrauch im kirchlichen Umfeld bislang kaum thematisiert werde. Auch zeigten viele Mitschwestern wenig Verständnis. Zudem hätten viele Frauen Angst und wollten das Image der Kirche nicht schädigen.
Sie selbst benötigte für ihre Arbeit mehrere Jahre, bis sich genügend Ordensfrauen bereit erklärten, mit ihr zu sprechen. Letztlich führte sie mit neun Betroffenen aus fünf afrikanischen Ländern südlich der Sahara Interviews für ihre Untersuchung. Zu ihrem Schutz nennt sie die Länder nicht, in denen sie arbeitet.
Ordensfrau fordert mehr Schutz und bessere Begleitung Betroffener
Um Ordensfrauen künftig besser zu schützen, fordert Lembo eine Reform der Ausbildungsprogramme: Ordensfrauen und Priester müssten einen reifen und die Grenzen achtenden Umgang mit Sexualität und Freundschaft entwickeln können. Außerdem brauche es bessere Schutz- und Präventionskonzepte. Und darüber hinaus müssten Betroffene besser begleitet werden, auch nach – nicht selten vorkommenden – Abtreibungen und nach einem möglichen Verlassen des Ordens.
Das katholische Hilfswerk Missio Aachen hatte 2019 eine große Umfrage zu Missbrauch an Ordensfrauen gemacht. Derzeit unterstützt es 28 Projekte zu dem Thema in Afrika und Asien. Bei der Buchvorstellung sagte Missio-Präsident Dirk Bingener, Missbrauch sei systemisch und kein Einzelfall.