Martin Schmitz aus Rhede und kirchliche Experten sprechen in Marl

Missbrauchs-Betroffener mahnt Aufarbeitung aller Fälle an

Martin Schmitz, Gründer der Selbsthilfegruppe Rhede für Betroffene von sexueller Gewalt im kirchlichen Raum, hat die Kirche gemahnt, neben der Vorbeugung die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht zu vernachlässigen.

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Martin Schmitz, Gründer der Selbsthilfegruppe Rhede für Betroffene von sexueller Gewalt im kirchlichen Raum, hat die Kirche gemahnt, neben der Vorbeugung die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht zu vernachlässigen. In Sachen Prävention sei die Kirche auf einem guten Weg, sagte Schmitz in Marl nach Angaben der Bischöflichen Pressestelle. Es sei aber notwendig, aufzuarbeiten, was gewesen sei.

„Oft haben ganze Gemeinden weggeschaut“, sagte Schmitz bei einer Veranstaltung der Pfarrei Heilige Edith Stein Marl, zu der er als Mitwirkender eingeladen war. „Es wurde getuschelt und geredet, aber nichts ist passiert. Diese Mechanismen muss man durchbrechen.“

 

Wunsch, Verantwortliche zu benennen

 

Schmitz war in Rhede vom inzwischen verstorbenen Kaplan Heinz Pottbäcker missbraucht worden, der trotz Verurteilung weiter versetzt wurde, unter anderem in die St.-Pius-Gemeinde Marl. Schmitz ermutigte Betroffene, sich Selbsthilfegruppen wie in Rhede anzuschließen: „Wir können angstfrei miteinander sprechen. Alle haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Da braucht es manchmal nicht viele Worte.“

Erneut beklagte der Rheder, kirchlich Verantwortliche würden bisher „nicht zur Verantwortung gezogen“. Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, verwies auf die laufende Untersuchung aller Akten durch unabhängige Forscher der Universität Münster: „Ich hoffe, dass die Kommission uns durch ihre Arbeit die Verantwortlichen nennen kann.“ Frings betonte ferner, er wünsche sich weitere Selbsthilfegruppen.

 

Rücksicht auf Betroffene

 

Bei der Veranstaltung in Marl gab der Interventionsbeauftragte Einblick in seine Arbeit. Sie reiche von Anfragen von Betroffenen über Rechtsfragen und die Vermittlung zu Opferanwälten bis zum Kontakt zu den Forschern der Uni Münster.

Ein Prinzip sei, dass die jeweils Betroffenen die Aufklärung mittragen müssten, so Frings: „Deshalb müssen wir an manchen Stellen mit öffentlichen Informationen etwas zurückhaltender sein, was nach außen als weniger transparent wirkt.“

 

Was die Präventionsschulungen erreichen sollen

 

Zu dem Abend eingeladen hatten die Pastoralreferenten Laura Kapellner und Benedikt Stelthove als lokale Präventionsfachkräfte. Inzwischen sei vielen Menschen, die mit Jugendlichen zu tun hätten, klar, dass sie nicht an Schulungen teilnehmen müssten, weil sie verdächtig seien, sondern um Signale von Kindern und Jugendlichen richtig zu deuten und zu reagieren, sagte Kapellner. Es gehe nicht darum, Angst zu schüren, „was ich machen darf und was nicht“.

Betroffene von sexuellem Missbrauch im Bistum Münster können sich bei den unabhängigen Ansprechpersonen für Missbrauchsverfahren melden, bei Bernadette Böcker-Kock (Tel. 0151-63404738) und Bardo Schaffner (Tel. 0151-43816695).

Zudem bietet die Selbsthilfegruppe von Missbrauchs-Betroffenen in Rhede auf ihrer Internetseite Unterstützung an – zum Beispiel Gespräche und Hilfe bei der Gründung eigener regionaler Selbsthilfegruppen.

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