Orden brauchen Unterstützung auch für Entschädigungszahlungen

Missbrauchs-Umfrage der Orden erntet Kritik

Es gibt viel Kritik an der Befragung zu Missbrauch durch Ordensleute, die die Deutschen Ordensobernkonferenz nun vorgestellt hat. Problematisch für die Orden könnte außerdem die Zahlung von Entschädigungsleistungen werden.

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In den letzten Jahrzehnten hat es Missbrauchsvorwürfe gegen mindestens 654 katholische Ordensleute in Deutschland gegeben sowie gegen weitere 58 Angestellte von Orden. Nach dem am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Ergebnis einer Befragung von 392 Gemeinschaften waren wenigstens 1.412 Kinder, Jugendliche oder Schutzbefohlene von sexuellen Übergriffen betroffen. Von ihnen waren rund 80 Prozent männlich und etwa 20 Prozent weiblich. Die Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), Katharina Kluitmann, sprach zudem von einer nicht näher bestimmbaren Dunkelziffer.

Nach der Vorstellung der Untersuchung mehren sich die Rufe nach einem einheitlichen Vorgehen in der katholischen Kirche in Deutschland. Das erwarteten vor allem die Betroffenen, erklärte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Stephan Ackermann. Der Bischof von Trier begrüßte die „deutliche Willensbekundung der Orden“ zur weiteren Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz und sicherte seitens der Bischöfe zu, bereits praktizierte Kooperationen „wo immer möglich“ fortzusetzen, zu verstärken und auch die Orden zu unterstützen.

 

„Eckiger Tisch“: Geldmangel darf Entschädigungszahlungen nicht verhindern

 

Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig signalisierte Unterstützung für einen „strukturierten Aufarbeitungsprozess“. Er hoffe zugleich, „dass die DOK dabei zusätzlich starke Unterstützung aus dem Kreis der Orden und Diözesen erhält“, sagte Rörig der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ forderte, alle Aktenbestände der Ordensgemeinschaften zu sichern und sie den Staatsanwaltschaften zur Verfügung zu stellen, sofern es einen Verdacht auf Missbrauch gebe. Sofern es sich um verjährte Fälle handle, „müssen die so gesicherten Unterlagen einer baldigst einzurichtenden zentralen Aufarbeitungskommission zugeleitet werden“. Keinesfalls dürfe mit Hinweis auf verarmte Gemeinschaften den Opfern eine angemessene Entschädigung verweigert werden.

 

Orden streben gemeinsames Entschädigungs-System an

 

Kritiker werfen den Orden vor, eine allgemein nachvollziehbare Aufarbeitung zu verzögern. Anders als die 27 deutschen Bistümer unterscheiden sich Strukturen und Verantwortlichkeiten bei den Orden mitunter erheblich voneinander. Einige werden beispielsweise aus dem Ausland geleitet. Manche Gemeinschaften sind zudem inzwischen so klein, dass sie Schwierigkeiten haben dürften, Entschädigungen zu leisten.

Laut DOK-Generalsekretärin Agnesita Dobler streben die Orden bei den Zahlungen an Betroffene in Anerkennung ihres Leids ein einheitliches System zusammen mit der Bischofskonferenz an. Allerdings benötigten die Gemeinschaften Unterstützung bei der Finanzierung. Das Konzept der Bischöfe sieht Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor.

 

Die DOK-Befragung

 

An der Befragung der DOK hatten sich 291 von 392 Ordensgemeinschaften in Deutschland beteiligt. In ihnen leben 88 Prozent der heutigen Ordensmitglieder. 100 Gemeinschaften gaben an, mit Vorwürfen zu verschiedenen Missbrauchsformen konfrontiert worden zu sein - 53 von 77 Männerorden und 47 von 214 Frauenorden.

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