Gemeindeversammlung in Bocholt-Barlo

Missbrauchsfall Pfarrer W.: Bistum Münster sagt Aufklärung zu

Das Bistum Münster hat bei einer Gemeindeversammlung in Bocholt-Barlo am Dienstagabend die Aufklärung der Missbrauchstaten des verstorbenen Pfarrers W. und des Umgangs des Bistums damit zugesagt.

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Das Bistum Münster hat bei einer Gemeindeversammlung in Bocholt-Barlo am Dienstagabend die Aufklärung der Missbrauchstaten des verstorbenen Pfarrers W. und des Umgangs des Bistums damit zugesagt. Die Reaktionen der mehr als 200 Besucher der Versammlung waren laut Bischöflicher Pressestelle von Wut und Fassungslosigkeit über die Taten geprägt.

In der Personalakte von W. finde sich die Abschrift eines rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Bocholt von 1976. Der Pfarrer sei wegen wiederholter sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Versammlungs-Teilnehmer äußerten Unverständnis, warum W. weiter Kontakt zu Kindern hatte, Ferienfreizeiten organisierte und Religionsunterricht erteilen durfte: „Warum wurde er nicht suspendiert?“

 

„Fatale Personalentscheidungen“

 

Das Bistum hatte Pfarrer W. laut Personalakte eine Therapie empfohlen. Ob er der Empfehlung folgte und mit welchem Ergebnis, sei nicht bekannt.

Die Pressestelle zitiert den Moderator der Versammlung, Michael Sandkamp vom Bischöflichen Generalvikariat Münster, es gebe keine Zweifel, dass damals in der Bistumsleitung fatale Personalentscheidungen getroffen worden seien.

 

Aufarbeitung durch externe Experten

 

Der neue Interventionsbeauftragte des Bistums, Peter Frings, habe in Antworten auf Zuhörerfragen mehrfach um Geduld gebeten. Eine externe Expertenkommission solle noch vor den Sommerferien ihre Arbeit aufnehmen und die Missbrauchsfälle im Bistum Münster aufarbeiten – auch die Vorwürfe gegen W.: „Dazu wird die Kommission Zugriff auf alle Akten haben.“

In einem anonymen Brief, der am Grab des 2011 verstorbenen Priesters angebracht wurde, waren in der vergangenen Woche Missbrauchsvorwürfe gegen W. erhoben worden. Bereits Anfang 2013 hatte sich ein Betroffener beim Bistum gemeldet. Ein weiterer wandte sich im März 2019 an eine Ansprechperson.

 

Zwei Betroffene meldeten sich

 

Beide gaben an, mindestens einmal von W. missbraucht worden zu sein. Die Vorwürfe beziehen sich in einem Fall auf die Zeit, als der Priester in Selm und Recklinghausen tätig war. Beide Orte seien genannt worden, obwohl W. nicht zur selben Zeit in zwei Pfarreien gearbeitet hatte. Im anderen Fall wurde bislang kein Ort benannt.

W. war nach Angaben der Bischöflichen Pressestelle 1966 zum Priester geweiht worden. Bis 1969 war er Kaplan in St. Joseph Selm, danach bis 1975 in St. Antonius Recklinghausen. Von 1975 bis zur Emeritierung 2006 war er Pfarrer in St. Helena Bocholt-Barlo. Bis zu seinem Tod lebte er in Bocholt.

 

Hilfe für weitere Betroffene

 

Rafael van Straelen, Leitender Pfarrer von Liebfrauen Bocholt, betonte am Dienstag angesichts der Missbrauchsfälle: „Wir sind irritiert, tief getroffen.“ Sollte es weitere Betroffene geben, bittet das Bistum Münster diese, sich bei den Ansprechpersonen für Fälle von sexuellem Missbrauch zu melden: Bernadette Böcker-Kock, Tel. 0151 / 63404738, Bardo Schaffner, Tel. 0151 / 43816695.

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