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Hannah Damm und Sven Bartnick sind Pastoralassistentin und -assistent in den Münsteraner Gemeinden Liebfrauen-Überwasser und St. Nikolaus. Während ihrer Ausbildung zur Pastoralreferentin bzw. zum Pastoralreferenten haben sie Ausfahrten mit dem sogenannten ‘PfarrRad’ etabliert. In diesem Sommer werden sie ihre Ausbildung abschließen und neue Wege gehen. Doch sie hoffen, dass das kommunikative Konzept auch danach weitergeführt wird.
Es ist Freitagmittag 14 Uhr. Noch ist die grüne Wiese vor dem Integrationsforum Münster in Münster-Gievenbeck leer. Nunja, nicht ganz: Mitten auf der Rasenfläche vor einem rosafarbenen Gebäude mit weißen Fensterrahmen steht ein Lastenrad mit einem aufgespannten Sonnenschirm sowie einem ausklappbaren Tisch. Davor befinden sich ein paar bunte Sitzwürfel, auf denen aber bisher niemand sitzt. Die Box des Lastenrads ist schwarz, darauf steht in großer, weißer Schrift ‘PfarrRad’. Hannah Damm und Sven Bartnick öffnen den Deckel der Box, um Kaffeekannen, Tassen, Becher, Teller, Tüten mit Plätzchen und Apfelsaftflaschen herauszunehmen. All das stellen sie auf den ausgeklappten Tisch. Sie bereiten sich darauf vor, dass gleich viele Menschen etwas bei ihnen bestellen werden.
Damm und Bartnick befinden sich derzeit in der Ausbildung zur Pastoralreferentin bzw. zum Pastoralreferenten. Sie sind in den Münsteraner Gemeinden Liebfrauen-Überwasser und St. Nikolaus angestellt, aber mit dem ‘PfarrRad’ im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Bereits am Anfang ihrer Ausbildung im Herbst 2021 entwickelten die beiden gemeinsam die Idee, Kirche im Alltag erfahrbar zu machen und auch außerhalb ihrer Pfarreien mit Menschen über „Gott und die Welt“ ins Gespräch zu kommen. „Das Fahrrad ist in Münster einfach das beste Fortbewegungsmittel“, erinnert Bartnick sich an ihre Überlegungen.
Aufsuchende Seelsorge
In ihren Gemeinden war die Zustimmung zu ihrem Projekt von Anfang an groß. Dennoch dauerte es über ein Jahr, bis das ersehnte Lastenrad Anfang 2023 endlich ausgeliefert wurde. Seitdem erforschen die beiden Pastoralassistent*innen damit verschiedenste Orte in Münster und sammeln sehr individuelle Erfahrungen mit den Leuten, denen sie dank ihres ‘PfarrRads’ begegnen.
Sie haben damit schon an der Critical Mass teilgenommen, bei der sich Menschen mit ihren Fahrrädern versammeln und gemeinsam durch die Stadt fahren, um auf die Notwendigkeit eines sicheren Radverkehrs aufmerksam zu machen. Dabei seien mit den anderen Teilnehmenden spontan sehr interessante Gespräche über Kirche und pastorale Arbeit entstanden, während man nebeneinander durch Münster geradelt sei.
Abenteuerlicher Lernort
Auch Verwunderung und Ablehnung bezüglich der Institution Kirche schlage ihnen bei manchen Begegnungen entgegen, erzählen Damm und Bartnick. Doch ein solcher Austausch könne ebenfalls bereichernd und lehrreich sein. „Das ‘PfarrRad’ ist für uns ein Lernort“, ordnet Damm ein. Und Bartnick ergänzt: „Ich nenne es gerne pastorales Abenteuerland.“
In Gievenbeck kommen nun wie jeden Freitag mehr und mehr Menschen zum Integrationsforum Münster. Ab 15 Uhr werden dort gespendete Fahrräder an bedürftige Geflüchtete ausgegeben und deren kaputte Räder repariert. Während sie in der Schlange warten, kommen immer wieder einzelne Leute sowie Familien mit Kindern zum ‘PfarrRad’ auf der Wiese vor dem rosa Gebäude. „So wie manche Kinder hier zugreifen, ist das vielleicht deren erste Mahlzeit heute“, überlegt Bartnick nachdenklich. Aufgrund der Sprachbarriere können sie mit vielen der Geflüchteten nur kurze Gespräche auf Englisch führen. Doch Dankbarkeit und Zugewandtheit drücken sich hier vor allem in den lächelnden Gesichtern und der positiven Stimmung aus.