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Die Ächtung der Todesstrafe in der offiziellen katholischen Lehre hat laut dem Moraltheologen Antonio Autiero weltweite Signalwirkung. „Es handelt sich nicht um eine kosmetische, sondern eine substanzielle Änderung“, sagte der emeritierte Professor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Papst vermittle den Gläubigen: „Das Leben und die Menschenwürde stehen über jeder Form des Verbrechens und des Übels - egal, wie gravierend diese sind.“
Der Vatikan hatte am Donnerstag die ausnahmslose Ablehnung der Todesstrafe im Katechismus festgeschrieben. In der 1995 von Johannes Paul II. geänderten Fassung hieß es noch, die Todesstrafe sei gerechtfertigt, wenn es keinen anderen Weg gebe, „um das Leben von Menschen wirksam gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen“.
Warum der Katechismus sich ändern muss
Dass sich die katholische Kirche mit der Änderung in ihren Lehren widerspricht, sieht Autiero nicht: „Früher hat man gedacht, dass die Todesstrafe als 'extrema ratio' nicht vermieden werden kann, weil der Staat keine andere Möglichkeiten habe, um Verbrecher zu bestrafen.“ Heute wisse die Gesellschaft, dass Strafe nicht im Sinne einer Entgeltung zu sehen ist, sondern den Verurteilten Rehabilitation ermöglichen soll.
Damit die Kirche ihren Grundwerten - wie der Menschenwürde - treu bleibt, sei es manchmal erforderlich, dass sie ihren Katechismus verändere, fügte Autiero hinzu. „Franziskus zeigt: Die Lehre ist kein Produkt einer von oben herabkommenden Autorität. Sie wächst aus dem Leben und wird für das Leben formuliert“, betonte der in Berlin lebende Italiener.
Franziskus und die Barmherzigkeit
Dass Franziskus derjenige ist, der den entsprechenden Abschnitt verändert hat, überrascht den Professor nicht: Für Franziskus sei die Barmherzigkeit eines seiner großen Anliegen. Er wolle den Gläubigen eine zweite Chance geben und ihnen vermitteln: „Menschen sollen nie als endgültige Verbrecher deklariert oder sogar vernichtet werden“, so Autiero.