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Münster: Umstrittener US-Bischof Barron erhält Josef-Pieper-Preis

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Dem Bischof wird eine besondere Nähe zu Donald Trump nachgesagt. Auch Stifter Thomas Sternberg äußert sich besorgt über die Entscheidung.

Seit 2004 verleiht die Josef-Pieper-Stiftung einen Preis zu Ehren ihres Namensgebers. Der christliche Philosoph Josef Pieper (1904-1997) wurde in Elte (Kreis Steinfurt) geboren und lehrte mehrere Jahrzehnte philosophische Anthropologie an der Universität Münster. In der Vergangenheit erhielten große Denker wie der kanadische Philosoph Charles Taylor oder der französische Mittelalterspezialist Rémi Brague die Auszeichnung. Dieses Jahr will die Stiftung einen US-amerikanischen Bischof ehren: Robert Barron – auch er ist kein Unbekannter, nicht zuletzt wegen seiner Nähe zu US-Präsident Donald Trump.

Das ist Robert Barron

Robert Barron ist seit 2022 Bischof von Winona-Rochester in Minnesota. Er widmet sich mit seinem Projekt „Word on Fire“ der Verkündigung in den sozialen Medien. Auf Instagram folgen dem Bischof mehr als 500.000 Accounts. Barrons Nähe zur Regierung von Donald Trump und seinen Anhängern sorgte immer wieder für Kritik auch in der katholischen Kirche, zum Beispiel vom Theologen Massimo Faggioli, Professor an der Villanova-University im US-Bundesstaat Pennsylvania. In der Folge entstand ein handfester Rechtsstreit.

Darüber hinaus trat Barron mehrfach im Podcast des rechten Aktivisten Ben Shapiro (ehemaliger Redakteur des Internetportals „Breitbart News“) auf, der Trump im letzten Wahlkampf unterstützte. Mitte Februar hielt Barron einen Vortrag auf der Konferenz der „Alliance for Responsible Citizenship“ in London. Sie gilt als ein zentrales Vernetzungsevent der internationalen Rechten.

Teilnahme an Trump-Rede vor dem Kongress

Erst in dieser Woche nahm der Bischof auf Einladung des republikanischen Abgeordneten Riley M. Moore an Trumps „State of the Union“-Rede vor dem US-Kongress in Washington teil. Barron bekundete seine „aufrichtige Dankbarkeit“. Er freue sich als „katholischer Bischof und begeisterter Schüler der amerikanischen Geschichte“ auf diese Gelegenheit. In einem Instagram-Video kritisierte Barron anschließend die demokratischen Mitglieder des Kongresses. Sie hätten dem Präsidenten keinen Respekt gezollt und durch Proteste diese „Liturgie der Demokratie“ gestört. Dass Trump erneut von einer Annexion Grönlands sprach, ein Dekret zur Todesstrafe pries und seine eigene Politik als Ergebnis göttlicher Fügung inszenierte, kommentierte Barron hingegen nicht. Diese „Stille“ zu bestimmten Fragen sei für den Bischof charakteristisch, merkte jüngst der Journalist John Grosso im „National Catholic Reporter“ an.

Sie zeigte sich auch im Umgang mit den Migrationsplänen der Trump-Administration. So veröffentlichte Barron Anfang Februar zusammen mit den Bischöfen von Minnesota eine Stellungnahme, die jedoch hinter Papst Franziskus’ scharfer Kritik an der US-Regierung zurückbleibt. Migranten dürften zwar nicht als „politische Schachfiguren“ behandelt werden, strenge Grenzsicherungsmaßnahmen seien jedoch vonnöten.

Stiftung: Verkündigung als Grund für Auszeichnung

Warum also Barron? Die Josef-Pieper-Stiftung begründet die Auswahl in einem im Internet einsehbaren Flyer folgendermaßen: Man ehre damit einen Theologen, der „wie kaum ein anderer die modernen Medien zur Unterstützung der christlichen Verkündigung“ nutze. Barron erreiche über die USA hinaus „mit seinen Büchern, Radio- und Fernsehsendungen und Videos im Internet ein Millionenpublikum“.

Auf Nachfrage von Kirche+Leben wollte die Stiftung die Entscheidung nicht weiter begründen. Die Verbindung zwischen Josef Pieper und Robert Barron könne „im Umriss“ dem Flyer zur Veranstaltung entnommen werden. Das zur Preisverleihung gehörige Symposion in der Münsteraner Bistums-Akademie Franz-Hitze-Haus werde „selbst die Antwort sein“. Statt weiterer Ausführungen richtete Vorstand Berthold Wald Fragen an Kirche+Leben. Die Redaktion müsse sich fragen, warum „,Konservative‘ […] einfach als ,Rechte‘ gelabelt“ würden.

Sternberg: Pieper lässt sich nicht vereinnahmen

Kritik an der Entscheidung kommt gleichwohl von Thomas Sternberg, einem der drei Stifter und bis 2016 geschäftsführender Vorstand der Josef-Pieper-Stiftung. Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Sternberg war zudem von 1988 bis 2016 Direktor der Akademie Franz-Hitze-Haus, an welche die Josef-Pieper-Stiftung bis 2022 angegliedert war. Kirche+Leben sagt er, Pieper sei ein „freier Geist gewesen, der sich in keiner der Schablonen einpassen lassen wollte“. Der Philosoph eigne sich deshalb nicht für „Vereinnahmungen gleich in welche Richtung“. Sternberg treibe die Sorge um, ob sich die Stiftung „jene Freiheit, die dem Namensgeber so wichtig war […], erhalten kann“.

Der Preis soll am 27. Juli im Priesterseminar Borromaeum verliehen werden. Die Laudatio hält der Passauer Bischof Stefan Oster. Zuvor ist ein gemeinsames Pontifikalamt mit Barron in der Münsteraner Überwasserkiche geplant. Zu dem tags zuvor stattfindenden Symposion im Franz-Hitze-Haus werden überdies die Philosophin und frühere Josef-Pieper-Preisträgerin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz sowie Pater Karl Wallner aus der Zisterzienserabtei Heiligenkreuz bei Wien als Referenten erwartet.

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