Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ (3): Eine Großfamilie

Mutter, Vater und acht Kinder: „Jedes war eine bewusste Entscheidung“

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Vater, Mutter und zwei, drei Kinder: So sieht wohl die Idealfamilie aus offizieller katholischer Sicht aus. Die gesellschaftliche und längst auch die katholische Wirklichkeit ist weitaus bunter. In unserer Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ stellen wir jeden Tag Menschen in ganz unterschiedlichen Konstellationen vor, ihren Alltag, ihren Glauben, ihre Freuden und Sorgen. Diesmal die Moussets aus Vechta.

Deborah und Michael Mousset aus Vechta haben acht Kinder, zwischen 34 und 12 Jahre alt. Jedes Kind sei eine bewusste Entscheidung gewesen, sagen sie. Ihre Überzeugung: „Eine große Familie ist auch ein großes Geschenk.“

Michael Mousset erinnert sich gut. Ein Priester stand einmal neben ihm, schaute auf die acht Kinder und sagte wohlwollend: „Gut katholisch!“ Mousset kann sich noch heute ereifern: „Aber das ist es nicht!“

Sicher sind Michael Mousset und seine Frau Deborah aus Vechta gläubige Menschen, das verhehlen sie nicht. Sicher sprechen sie bei den Kindern auch von einem „Gottesgeschenk“. Aber jedes Kind sei eben eine bewusste Entscheidung gewesen, die Familie habe sich langsam, „Stück für Stück“, entwickelt, sagt Michael Mousset.

Kinder sind heute zwischen 34 und 12 Jahre alt

Deborah Mousset ist mit sechs Geschwistern aufgewachsen, Michael Mousset nur mit einem Bruder, er hat sich aber immer eine große Familie gewünscht. Vielleicht nur zwei Kinder – das kam nicht in Frage für sie.

So kamen seit 1987 zuerst Stefanie, Manuel, Nicole und Cedric zur Welt, nach acht Jahren dann Celine, Michael, Anna und Diego. Inzwischen sind drei verheiratet, sie arbeiten als Grundschullehrerin, bei einer Bank, in der Pflegeberatung, zwei bei der Polizei. Drei sind noch in der Schule. Die Älteste ist 34, der Jüngste 12 Jahre alt.

Die Eltern als "gutmütige Basis"

Krisen in Schule, Partnerschaft und Beruf kennen die Kinder wie alle anderen. Für Deborah und Michael Mousset war von Anfang an wichtig, dass sie dann zu ihnen kamen. „Wir sind hier die gutmütige Basis und helfen. Wir sind wie ein Vogelnest, in das alle zurückkommen können“, sagt der Vater.

Spott und Witze über die große Familie kennt Michael Mousset genug. „Da muss man Rückgrat haben und sagen: Das ist meine Familie, da stehe ich zu.“

Wenig Geld – das war klar

Deborah und Michael Mousset haben sich bewusst für jedes einzelne ihrer Kinder entschieden. | Foto: privat
Deborah und Michael Mousset haben sich bewusst für jedes einzelne ihrer Kinder entschieden. | Foto: privat

Auch fragende Blicke und Mitleid, wie die Familie das denn überhaupt schaffe. Dass die Entscheidung für viele Kinder auch finanzielle Einschränkungen bedeuten würde, war dem jungen Ehepaar klar. Michael Mousset hat als Zollbeamter im Mittleren Dienst am Flughafen Bremen ein durchschnittliches Gehalt.

Ein großer Vorteil: Die Familie konnte im Obergeschoss des elterlichen Hauses von Michael Mousset wohnen. „Aber große Sprünge würden wir nie machen können“, sagt Deborah Mousset. „Das war uns klar.“ Im Rückblick sagt sie: „Man macht sich vorher einfach zu viele Gedanken. Man braucht Gottvertrauen – sonst hätte ich nicht diese Ruhe.“ Ihr Mann bestätigt: „Du bist immer der Ruhepol in der Familie.“

Eine große Krise gemeistert

Diese Ruhe kam ins Wanken, als die Eltern in kurzem Abstand krank wurden und Pflege brauchten. „Die einzige große Krise“ nennt Michael Mousset diese Zeit. „Totale Überlas­tung. Denn da kamen ja auch die Kinder mit ihren Problemen.“ Erst auf dringenden ärztlichen Rat gaben sie die Eltern nach Jahren in ein Pflegeheim, wo sie wenig später starben.

Auch da habe sie ihr Gottvertrauen begleitet, sagt Deborah Mousset. Dass sie im Letzten das Richtige tun würde.

Glaube der Kinder

Gläubige Eltern – wie erleben sie den Glauben der Kinder? Bei den Moussets kommt die Familie jeden Abend zusammen zum Familiengebet. Die größeren Kinder blieben dann irgendwann weg, berichten sie. Kein Problem für Michael Mousset. „Wir haben die Wurzeln gelegt. Wie es sprießt, wissen wir nicht.“ Seufzend sagt er: „Zurzeit ist es ja auch nicht gerade einfach, was die Kirche uns so bietet. Für einen jungen Menschen, der fragt und sucht, ist das wirklich schwierig.“

Amtliche Daten der Bundesregierung nennen Familien mit drei und mehr Kindern kinderreich. Danach gibt es in Deutschland zurzeit 1,4 Millionen solche Familien, in denen Kinder zu Hause wohnen. 16 Prozent aller deutschen Frauen gelten als kinderreich. Bundesweit liegen die Kreise Cloppenburg und Vechta mit 25 Prozent an der Spitze, der Kreis Borken verzeichnet 22 Prozent. Die wenigsten kinderreichen Frauen gibt es in Cottbus und Dessau mit 7,5 Prozent. (fjs)

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