Chefredakteurin Annette Saal zum Gebot humanitärer Hilfe

Nach Erdbeben in Afghanistan: Not lindern – auch im Taliban-Land

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Die Not in Afghanistan ist nach dem Erdbeben groß. Doch sollten wir als Europäer einem Land helfen, das von den Taliban regiert wird? Unbedingt, sagt „Kirche+Leben“-Chefredakteurin Annette Saal in ihrem Kommentar.

Mit dem verheerenden Erdbeben in Afghanistan an der Grenze zu Pakistan ist eine neue Katastrophe zu den bereits bestehenden hinzugekommen. Als wäre der Angriffskrieg in der Ukraine, der Bürgerkrieg im Jemen mit seinen verheerenden humanitären Folgen und die drohende Hungersnot in vielen Ländern Afrikas nicht schon genug. Ganz zu schweigen von den vielen Katastrophen auf dieser Welt, die gerade nicht im Mittelpunkt der Medien-Berichterstattung stehen.

Manche überlegen, ob und wohin sie noch spenden können und wollen – zumal auch hierzulande die Inflation und die zurückgehende Kaufkraft ihren Tribut fordern. Doch es wäre nicht angemessen, eine Einstufung von Hilfeleistungen vorzunehmen – nach dem Motto: Afghanistan bleibt wegen des dort herrschenden inakzeptablen Taliban-Regimes außen vor. Denn, so meinen manche, Hilfeleistungen von außen könnten dies­es Regime möglicherweise noch stabilisieren.

Politisches Kalkül verbietet sich

Ganz im Gegensatz dazu erhoffen sich andere von einer überzeugenden humanitären Hilfe im Erdbeben-Gebiet eine Annäherung zwischen Afghanistan und der westlichen Welt.

Tatsächlich verbietet sich jedoch in einer solch verheerenden Situation jedes politische Kalkül. Hier sind Menschen in einer existenziellen Notlage. Ob sie der Ideologie der Taliban anhängen oder nicht – Tausende haben Angehörige verloren, Tausende stehen materiell vor dem Nichts. Deshalb muss die Bevölkerung so schnell wie möglich mit Spenden an vertrauenswürdige Hilfswerke wie Caritas international unterstützt werden.

Land und Taliban in Notlage

Dass die Taliban die westlichen Länder um Hilfe gebeten haben, ist mehr als ungewöhnlich und zeigt, in welcher Notlage sich das Land befindet. Ideologien und Religionszugehörigkeiten dürfen nicht das Maß der technischen und finanziellen Hilfe bestimmen. Das einzige Kriterium sollte ein allbekanntes Wort aus der Bibel sein: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

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