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Die katholischen Bistümer in Deutschland sollen verantwortungsvoll mit dem Geldvermögen umgehen. Dazu hat der Verband der Diözesen Deutschlands erstmals Richtlinien herausgegeben. In den vergangenen Jahren erschütterten immer wieder Finanzskandale die Kirche.
Vor dem Hintergrund kirchlicher Finanzskandale hat die Dachorganisation der deutschen katholischen Bistümer erstmals Richtlinien für den Umgang der Bischöfe mit dem Geldvermögen der Kirche vorgelegt.
Die in der Broschüre „Kirchliche Corporate Governance“ zusammengefassten Leitlinien haben zwar nur Empfehlungscharakter, weil nach dem Kirchenrecht in den meisten Diözesen der jeweilige Bischof alleiniger Herr des Bistumsvermögens ist. Dennoch sollen sie, wie der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing am Donnerstag in Bonn betonte, zur Bildung neuer Standards im Umgang mit kirchlichen Finanzen beitragen. Herausgeber ist der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD).
Erzbistum Paderborn ist Spitzenreiter
Viele der 27 katholischen Bistümer, insbesondere im Süden und Westen Deutschlands, verfügen über teils erhebliche Vermögen und sind an Unternehmen unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Medien und Wohnungsbau beteiligt. Spitzenreiter ist das Erzbistum Paderborn mit einem Vermögen von rund 7 Milliarden Euro, dicht gefolgt von den Erzbistümern Köln und München-Freising.
Vor diesem Hintergrund appellierte Bätzing an die Bistümer, „einen Selbstanspruch zu realisieren, der auch hohen Standards an Organisationsführung, Aufsicht und Kontrolle genügen muss und der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig ist“.
Bistümer legen Jahresabschlüsse vor
Mit Blick auf kirchliche Finanzskandale betonte er: „Die Glaubwürdigkeit der Kirche ist immer wieder Erschütterungen ausgesetzt, die nicht selten auf selbstverschuldetes Handeln von Amtsträgern oder auch systemisch organisatorische Defizite zurückzuführen sind.“
Um mehr Vertrauen und Transparenz zu schaffen, hatten in den vergangenen fünf Jahren die meisten deutschen Bistümer Jahresabschlüsse gemäß dem Handelsgesetzbuch (HGB) vorgelegt und im Internet zugänglich gemacht. Darüber hinaus empfehlen die neuen Leitlinien eine konsequente Umsetzung von Compliance-Richtlinien, ethische Finanzanlagen sowie eine saubere Trennung von Kontrollorganen und Geschäftsführungen in kirchlichen Unternehmen. Dabei soll die Rolle der Aufsichtsorgane gestärkt und ihre Unabhängigkeit abgesichert werden. Zudem sollen interne Risiko-Früherkennungs-Systeme eingerichtet werden, damit Fehlinvestitionen oder ruinöse Entwicklungen in kircheneigenen Unternehmen rechtzeitig erkannt werden können.
Good Governance als Maßstab des Handelns
Gemäß den neuen Leitlinien sollen die Vorgaben des weltweiten Kirchenrechts mit den heute in vielen Unternehmen und Staaten geltenden Regeln einer „Good Governance“ in Einklang gebracht werden. Allerdings können die in Unternehmen und in öffentlichen Körperschaften geltenden Regeln „nicht 1:1 auf die Kirche und ihr Handeln übertragen werden“, wie es in der Broschüre heißt. Das liege unter anderem daran, dass letztlich alles Vermögen der Kirche der Erfüllung des kirchlichen Sendungsauftrages diene und deshalb die Vermehrung und Sicherung des Vermögens für die Kirche kein Selbstzweck sei.
Skandale um riskante oder verfehlte Finanzanlagen hat es in der Kirche in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Als Mutter der kirchlichen Finanzskandale in Deutschland gilt der rund 30 Millionen Euro teure Bau einer neuen Bischofsresidenz in Limburg, der 2014 zum Rücktritt des dortigen Bischofs führte. Das Bistum Eichstätt kam 2018 in die Schlagzeilen, nachdem riskante Immobilien-Investments in den USA in Höhe von rund 60 Millionen Dollar bekannt wurden, die ein interner Prüfer entdeckt hatte. Auch im Vatikan wird derzeit ein Skandal um eine verlustreiche Investition juristisch aufgearbeitet, dabei geht es um eine spekulative Geldanlage des vatikanischen Staatssekretariats in eine Londoner Immobilie.