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Der Umweltaktivist trat aus freien Stücken eine Freiheitsstrafe an. Was er danach von den Zuständen in Bayerns Haftanstalten hält.
Der Jesuitenpater, Soziologe und Klimaaktivist Jörg Alt hat einen Bericht vorgestellt, in dem er die Haftbedingungen in Bayern scharf kritisiert. Alt war im April selbst für 25 Tage in Haft gewesen; er hatte sich geweigert, eine Geldstrafe von 500 Euro zu zahlen, zu der ihn das Bayerische Oberste Landesgericht im November in letzter Instanz verurteilt hatte. Der Jesuit hatte sich mehrfach an Straßenblockaden beteiligt. In diesem Fall ging es um eine Blockade 2022 in Nürnberg. Eine alternativ angebotene Verrichtung sozialer Arbeit schlug er aus.
Ein zentraler Kritikpunkt ist für Alt der Personalmangel. Bedienstete hätten schon im April teils 100 Überstunden angesammelt, statt sechs Beamten pro Schicht seien meist nur zwei eingesetzt gewesen. Ähnlich sehe es bei der medizinischen Betreuung aus sowie in der Betreuung durch Sozialarbeiter, Psychologen, Suchtberater oder Seelsorger. Darunter leide auch deren Qualität.
Schlechte Startbedingungen nach Haft
Auch Drogen seien ein wichtiges Thema. Deren Konsum sei auch im Gefängnis möglich, entspreche aber oft nicht dem, was die Leute gewohnt seien. Entzugserscheinungen führten zu Aggression und Gewalt. „Wenn Menschen auf Entzug sind, kann man fragen, ob sie überhaupt zurechnungsfähig sind“, so Alt. Beantworte man die Frage negativ, dann stelle sich die Frage, warum man sie überhaupt in einem normalen Strafvollzug unterbringe. Auch eine Therapie mit legalen Ersatzstoffen sei zwar möglich, scheitere aber oft an strukturellen Problemen.
Auch das Thema der Resozialisierung spricht der Jesuit an. Diese sei in allen Bundesländern und im Bund als zentraler Zweck der Haft im Strafvollzugsgesetz priorisiert - noch vor dem Schutz der Allgemeinheit. Bayern aber habe diese Reihenfolge umgedreht. Viele Gefangene hätten zudem Probleme, das in der Haft gelernte in Freiheit anzuwenden. Sie fänden ohne Arbeit keine Wohnung, aber ohne Wohnung auch keine Arbeit. Rückschläge seien vorprogrammiert.
Zahlreiche Verbesserungsvorschläge
Aus seinen Beobachtungen zieht der Jesuit insgesamt 10 Empfehlungen. Um Haft insgesamt zu reduzieren, brauche es präventive Maßnahmen, eine Reform des Strafrechts und mehr Alternativen zur Freiheitsstrafe. Wo Haft unvermeidlich sei, müssten medizinische und psychologische Versorgung besser werden, besonders bei Suchterkrankungen. Der Strafvollzug müsse sich klar zur Resozialisierung bekennen - mit mehr qualifiziertem Personal, besseren Übergangsangeboten und erleichtertem Kontakt zur Außenwelt.
Gefangene sollten ihre Rechte durch eine unabhängige Beschwerdestelle wirksam vertreten können. Entzugsbehandlungen müssten humaner werden, medizinische Zweitmeinungen zugänglich sein. Schließlich benötigten die Bediensteten stärkere Unterstützung im belasteten Alltag.