„Rücktrittsangebote nach dem Vorbild von Chile“

Nach Missbrauch fordern Laien den Rücktritt aller US-Bischöfe

In den USA haben rund 140 Theologen und engagierte Laien die Bischöfe des Landes aufgerufen, dem Papst geschlossen ihren Rücktritt anzubieten. Der Grund seien die jüngsten Missbrauchs-Enthüllungen, hieß es.

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In den USA haben rund 140 Theologen und engagierte Laien die Bischöfe des Landes aufgerufen, dem Papst geschlossen ihren Rücktritt anzubieten. Der Grund seien die jüngsten Missbrauchs-Enthüllungen, so eine veröffentlichte Erklärung.

Das allgemeine Systemversagen der Kirche im Umgang mit dem Missbrauch durch Priester erfordere einen kollektiven Amtsverzicht „als öffentlichen Akt der Reue und des Bedauerns vor Gott und dem Volk Gottes“, heißt es weiter. Als Vorbild verweisen die Unterzeichner auf Chile. Dort hatten im Mai 29 Ortsbischöfe wegen eines ähnlich weit reichenden Skandals ihre Amtsenthebung angeboten. Papst Franziskus nahm inzwischen fünf Rücktritte an.

 

„Verantwortlichkeit statt Erklärungen und PR-Kampagnen“

 

Zwar gebe es unter den US-Bischöfen „bescheidene Diener und wohlmeinende Hirten“, so der auf Englisch und Spanisch formulierte Aufruf. Aber: „Systemische Sünde kann nicht durch individuellen guten Willen beendet werden. Ihre Wunden werden nicht geheilt durch Erklärungen, interne Untersuchungen oder PR-Kampagnen, sondern eher durch kollektive Verantwortlichkeit, Transparenz und das Aussprechen der Wahrheit.“

Der Bericht einer staatlichen Jury zum Missbrauch in sechs Bistümern des US-Bundesstaats Pennsylvania beschuldigt rund 300 zumeist verstorbene Priester, in den vergangenen 70 Jahren mindestens 1.000 Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben. In den Diözesen habe eine „Kultur des Vertuschens“ durch ranghohe Kirchenobere geherrscht.

 

Was ein Priester fordert, der als Kind selbst missbraucht wurde

 

Auch John P. Bambrick, katholischer US-Priester und selbst Missbrauchsopfer, fordert die Kirche im Kampf gegen sexuelle Übergriffe durch Geistliche zu drastischen Strukturreformen auf. „Es ist Zeit für nationale Transparenz, Verantwortlichkeit und Gerechtigkeit“, schreibt er im Magazin „Time“. Die Kirche habe viel zu lange mit „hohlen Entschuldigungen“ und „frommen Plattitüden“ auf die skandalösen Vorgänge reagiert.

Der Pfarrer aus New Jersey, der als 15-jähriger Messdiener von einem Geistlichen missbraucht wurde, ist unter anderem Gründungsmitglied der Organisation „Catholic Whistleblower“. Er plädiert in seinem Beitrag unter anderem dafür, bei der Wahl von Bischöfen auch die Laien der Bistümer zu beteiligen, wie es auch in der Urkirche der Fall gewesen sei. Statt wahrer Seelsorger gelangten zu oft Bürokraten ins Bischofsamt, die durch ihren Nepotismus auf der kirchlichen Führungsebene immer wieder denselben Typus reproduzierten. Für entscheidend hält Bambrick ferner eine sehr viel strengere Auswahl von Priesterseminaristen.

 

Erlebnis galt als „pure Erfindung“

 

Sein eigener Missbrauch sei von Kirchenoberen als „Sommerromanze“ oder pure Erfindung dargestellt worden. Manche hätten ihn gefragt, warum er mit seinen Schilderungen das Leben des Geistlichen ruinieren wolle – „als wäre ich der Abnormale“.

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