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Flicken, stopfen, reparieren, ausbessern. Und dann die Kleidung möglichst lange tragen. So haben es Jahrhunderte lang die Menschen gehalten. In Zeiten des Klimawandels kehrt der Trend zu nachhaltigen Klamotten zurück – noch zögerlich, dafür aber auf überraschend kreative Weise. Das zeigte am Samstagabend eine Diskussion unter vier Fachfrauen und einem Blogger aus den Bereichen Design, Kunst, Veranstaltung und Ausbildung. Eingeladen dazu hatte die Katholische Frauengemeinschaft im Bistum Münster unter dem Motto „So schön kann Klimaschutz sein“.
Etwa 100 Gäste im LWL-Museum für Kunst und Kultur folgten unter der 2G-Regel dem spannenden Austausch auf dem Podium und applaudierten begeistert den Absolventinnen der Schule für Modemacher, die bei einem Schaulauf eigene Kreationen vorstellten. Noch spiele Nachhaltigkeit in der Mode- und Kunstwelt eine untergeordnete Rolle, hieß es. Auch weil das Thema eher die Vernunft und Moral anspreche statt die Gefühle, sagte Dunja Karabaic, Organisatorin des Festivals für Design und Nachhaltigkeit „ökoRausch“.
„Nachhaltigkeit muss Spaß machen“
„Nachhaltigkeit muss Spaß machen“, erklärte Janine Steeger, einstige RTL-Moderatorin, die sich in der Organisation „Futurewoman“ (Zukunfsfrauen) engagiert. Ökologische und faire Mode müsse genauso attraktiv sein wie konventionelle. Das gute Umweltgewissen komme dann obendrauf. Von den Konsumenten könne nicht erwartet werden, stets nach sauberen Lieferketten, Umweltsiegeln und fairen Arbeitsbedingungen zu schauen. „Das überfordert sie“, meinte Steeger.
Das sah auch Lars Wittenbrink ähnlich. „Kundinnen und Kunden muss man es leicht machen.“ 2008 hat der Unternehmer und Blogger in Münster das Ladenlokal „Grüne Wiese“ gegründet. „Zu diesem Zeitpunkt gab es in ganz Deutschland nur drei solcher Geschäfte.“ Wer damals faire und ökologische Kleidung suchte, musste mühevoll im Internet nach Produkten mit den richtigen Zertifikaten Ausschau halten. Zudem sei nachhaltige Mode damals zwar ethisch gut, aber auch wenig schön gewesen. Das habe sich geändert. Heute sei etwa Baumwolle in Bioqualität auch bei konventionellen Marken eine Selbstverständlichkeit.
In der Ausbildung werden neue Schwerpunkte gesetzt
Judith Everding (Mitte stehend), Vorsitzende der katholischen Frauengemeinschaft im Bistum Münster, führte in das Thema Nachhaltigkeit ein. | Foto: Karin Weglage
Auch in den Ausbildungsstätten für Mode und Design hat sich einiges getan. Ihre Studierenden wollten gar nicht mehr in erster Linie neue Kollektionen kreieren, sagte Friederike von Wedel-Parlow, Professorin des Studiengangs „Sustainability in Fashion“ (Nachhaltigkeit in der Mode) an der Modeschule Esmod in Berlin. Die „jungen Wilden“ hätten den Willen, es anders zu machen. Kreative Köpfe wollten lieber in die Beratung gehen, bei der Entwicklung neuer Stoffe aus Algen mitwirken oder Systeme erarbeiten, die den Produktionskreislauf von Anfang bis Ende transparent machen.
Themen wie die Verschmutzung von Gewässern durch Chemikalien, schlechte Arbeitsbedingungen oder Kinderarbeit bei der Textilherstellung seien in den Schulen angekommen. „Die Studierenden sehen Mode nicht mehr nur als Industrie oder Shoppingerlebnis, sondern betrachten sie als Vielfalt und Ausdruck von Lebensqualität.“
„Wir ertrinken in Kleidung“
Wedel-Parlow betonte aber auch, dass nicht einmal fünf Prozent der Kleidung aus nachhaltiger Produktion stammt und folglich 95 Prozent industriell gefertigt wird. „Die Überproduktion liegt bei 20 bis 25 Prozent. Wir haben davon so viel, dass wir in Kleidung ertrinken. Je länger wir Produkte in der Nutzung halten, umso besser für unsere Ressourcen.“ Zumal, so die Professorin, ohnehin 20 Prozent der Kleidungsstücke in deutschen Schränken nicht getragen würden.
Was man aus gesponserten Stoffresten, verschnittenen und fehlerhaften Textilien und gebrauchten Jeanshosen machen kann, zeigten Schülerinnen der münsterschen Schule für Modemacher in einer halbstündigen Modenschau. „Nachhaltigkeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe“, so Maren Arndt vom Schulvorstand. Deswegen müssten auch die großen Player von Mainstream-Mode mit auf den Weg genommen werden. Upcycling (Wiederverwertung) sei ein großes Thema. Die dazu notwendige Arbeit und Zeit müsse sich allerdings auch im Preis widerspiegeln.