Themenwoche „Spitzenmedizin in katholischen Kliniken“ (1)

Neue Lebensqualität dank Chip im Kopf: Seltene OP auch in Hamm

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Auch in katholischen Krankenhäusern gibt es Spitzen-Verfahren - zum Beispiel in der St.-Barbara-Klinik Hamm. Dort werden Patienten mit schweren neurologischen Krankheiten Neurostimulatoren implantiert. Eine Operation, die es so nur an vier Kliniken in Deutschland gibt.

Als Kekeli Strothmann 2023 in der St.-Barbara-Klinik in Hamm aus der Narkose aufwachte, begann sie sofort begeistert zu reden. „Unaufhörlich“, erinnert sich die 62-Jährige. „Mit meinen Freunden und Verwandten, mit meinen Zimmernachbarn und ihren Verwandten, mit den Pflegenden …“ Ihre Euphorie war nachvollziehbar. Ihr war bei einer Hirn-Operation ein sogenannter Neurostimulator eingesetzt worden – zwei Sonden, die Bereiche im Gehirn zielgenau stimulieren können. Mit voller Wirkung.

Die Parkinson-Patientin hatte von jetzt auf gleich einen Großteil ihrer Symptome verloren, etwa Zittern, unkoordinierte Bewegungen, Schwindel oder Sprachprobleme. Was sie in ihrem Alltag bis zu diesem Zeitpunkt belastet hatte, wurde ihr erst jetzt wieder bewusst. „Ich hatte ein entspanntes Gesicht, konnte wieder normal laufen, Tätigkeiten gingen mir wieder leicht von der Hand.“

Hoher Präzisionsaufwand

Die Neurochirurgen des Krankenhauses, Chefarzt Dr. Ralph Lehrke und Oberarzt Dr. Thomas Fortmann, erleben solche Begeisterung immer wieder. Patienten kommen mit unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen zu ihnen, etwa auch Tremor, einem schweren Zittern. „Wo vorher mit vielen Medikamenten nur eingeschränkte Erfolge zu erreichen sind, hilft die tiefe Hirnstimulation intensiv, langfristig und verlässlich“, sagt Lehrke.

Der medizintechnische Aufwand ist nicht klein, geht es doch um Präzisionsarbeit, wenn das Implantat eingesetzt wird. „Bei den Untersuchungen im Vorfeld und der Operation selbst geht es um Millimeter.“

Dabei werden millimeterfeine Elektroden im Gehirn platziert, die über dünne Kabelverbindungen unter der Haut mit einem Stimulator unterhalb des Schlüsselbeins verbunden sind. Kontrolle, Messungen und Einstellungen können so fortlaufend durchgeführt werden. Mittlerweile gibt es Einheiten, die sich wieder aufladen lassen. Bei anderen wird nach einigen Jahren ein weiterer kleiner operativer Eingriff notwendig.

Chefarzt bringt OP-Verfahren aus Köln mit

Die Operation ist nicht neu, seit den 1990er Jahren wird sie in wenigen Kliniken durchgeführt. In der St.-Barbara-Klinik in Hamm heute aber in einer besonders hohen Qualität, sagt Lehrke. „Wir haben die Möglichkeit, das filigrane Vorgehen während der Operation ständig auf Monitoren überprüfen zu können.“ Die Folge: Der Eingriff wird noch präziser, Folge-Untersuchungen oder gar Korrekturen werden überflüssig.

Den notwendigen hohen technische Aufwand betreiben nur vier Krankenhäuser in Deutschland: drei Universitätskliniken – und eben St. Barbara in Hamm. „Dafür habe ich mich stark gemacht“, sagt Lehrke, der das Verfahren an der Uniklinik Köln durchgeführt hatte, ehe er nach Hamm wechselte. Er hatte dem damaligen Chefarzt und dem Geschäftsführer die Erfolge der Operationen in einem Video präsentiert – beide wollten das Verfahren unbedingt auch im Krankenhaus in Hamm anbieten. „Mir war es von da an wichtig, dass die Voraussetzungen dafür dem höchsten Standard entsprechen.“

Patienten kommen von weit her

Themenwoche: Spitzenmedizin in katholischen Kliniken
Die Ergebnisse wiederkehrender Klinikrankings sind deutlich: Konfessionelle Krankenhäuser stehen für eine patientennahe und beziehungsreiche, vor allem aber für qualitativ hochwertige Medizin und Pflege. Sie erhalten in unterschiedlichen Fachdisziplinen hervorragende fachliche Bewertungen, was verdeutlicht, dass Spitzenmedizin keineswegs nur an Unikliniken möglich ist. Die Krankenhauslandschaft steht unterdessen angesichts politischer Reformvorhaben in der Diskussion. Vor diesem Hintergrund blickt Kirche+Leben in einer Serie auf medizinische Leuchttürme in katholischer Trägerschaft, die sich im gesamten Gebiet des Bistums Münster zahlreich finden lassen.

Ein solches Angebot strahlt über die Region hinaus. Patienten kommen von weit her, um mit einer Operation Lebensqualität zurückzubekommen, die sie durch Krankheiten stark eingeschränkt erleben. So war es auch bei Kekeli Strothmann, die aus Halle in Westfalen nach Hamm kam. Ihre Euphorie wurde nicht weniger, als sie das Krankenhaus nach dem Eingriff verlassen durfte.

„Ich konnte morgens wieder problemlos aufstehen, konnte mit meinen Enkelkindern spielen, spazieren gehen – ich war auch schon auf einem Roland-Kaiser-Konzert.“

Auch ihre Arbeit als Köchin ist nun wieder möglich, ohne dass unvorhersehbare Schübe sie zu Ausfalltagen zwingen. „Es ist ein völlig anderes Leben geworden“, sagt Strothmann. „Als ich nach der Operation begann, mit meinen Enkelkindern auf dem Fußboden zu toben, haben die mich ganz verwundert angeschaut.“ Sie sagt, dass sie sich viel früher auf den Eingriff eingelassen hätte, wenn sie gewusst hätte, was er bewirkt.

Die St.-Barbara-Klinik in Hamm-Heessen ist ein Schwerpunktkrankenhaus mit 448 Betten und dreizehn Fachabteilungen unter dem Dach der Franziskus-Stiftung aus Münster. Etwa 1.500 Mitarbeitende versorgen jährlich rund 23.000 stationäre und 75.000 ambulante Patienten.

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