„Lebendige Einblicke in die klösterliche Zeit“

Neues Buch gibt Einblick ins Klosterarchiv von Gaesdonck

Der Historiker Dieter Kastner hat ein Buch vorgelegt, das Einblicke in mittelalterliche Urkunden des Chorherrenstifts Gaesdonck bei Goch gibt.

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Als Buch mit „nützlichen, wichtigen und wertvollen Eigenschaften“ hat Laurenz van der Linden, der frühere Direktor des Collegium Augustinianum Gaesdonck, das gerade erschienene Werk „Die Urkunden von Kloster Gaesdonck“ von Dieter Kastner gewürdigt. Der promovierte Archivar und Historiker habe in seinem Band mit Urkundenregesten zur mittelalterlichen Überlieferung im Gaesdoncker Archiv lebendige Einblicke in die klösterliche Zeit vermittelt, sagte van der Linden.

Das Buch mit 251 Seiten ist in der vom Landschaftsverband Rheinland herausgegeben Reihe „Inventare nichtstaatlicher Archive“ erschienen. Als Regesten bezeichnet man in der Geschichtswissenschaft die Zusammenfassung rechtsrelevanter Inhalte von Urkunden des Mittelalters und der Neuzeit.

 

Wertvolles Orts-, Personen- und Sachregister

 

Mit der Veröffentlichung Kastners sei der mittelalterliche Urkundenbestand im Gaesdoncker Archiv in Regestenform vollständig publiziert, sagte van der Linden. Dieses Inventar mit seinem wertvollen Orts-, Personen- und Sachregister mache den Quellenwert dieser Überlieferung nicht nur für die lokale, regionale und überregionale Geschichtsforschung, sondern auch für eine breite Öffentlichkeit im Grenzgebiet zwischen Deutschland und den Niederlanden sichtbar. Anhand der in dem Regestenband zusammengefassten Verträge könne man die Entwicklung des Klosters Gaesdonck nachvollziehen.

Aus dem im Geist der Devotio Moderna um 1350 gegründeten Brüderhaus in Goch entwickelte sich um 1400 ein Chorherrenstift der Windesheimer Kongregation. Nachdem noch in der Stadt Goch ein neues Stiftsgebäude errichtet worden war, zog der Konvent bereits 1405 wegen des Lärms in der Stadt nach Gaesdonck um, wo das Brüderhaus einen Hof mit zugehörigen Ländereien geschenkt erhalten hatte. Im 15. Jahrhundert erlebte Kloster Gaesdonck eine Blütezeit, die bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts reichte.

 

Bedeutendes Klosterarchiv

 

Heute ist der Name Gaesdonck mit dem Collegium Augustinianum verbunden. Der Name der Schule nimmt Bezug auf das Chorherrenstift, das 1802 aufgelöst wurde. An die geistliche Vergangenheit des Ortes erinnert neben der gotischen Kirche die wertvolle alte Bibliothek mit 6.000 Bänden. Darüber hinaus befindet sich in Gaesdonck ein Archiv, das zahlreiche Urkunden und Akten des alten Klosters enthält.

Ein Teil der mittelalterlichen und neuzeitlichen Urkunden gelangte im 19. Jahrhundert ins Hauptstaatsarchiv nach Düsseldorf. Noch heute befindet sich jedoch ein bedeutender Teil im Besitz der Gaesdonck. Der Archivbestand umfasst 102 Originalurkunden aus der Zeit zwischen 1323/1351 und 1550 sowie zwei Urkundenabschriften.

In dem älteren Band sind 304 Urkundentexte des 14.bis 16. Jahrhunderts abgeschrieben festgehalten. Diese Überlieferung hat Kastner transkribiert, sodass der Inhalt der Urkunden nun zugänglich ist. Kastner hat Inhalte zusammengefasst und die Gerichtsparteien wie Richter, Schöffen und Verhandlungspartner aufgeführt. Erst aufgrund dieser Leistung sei es möglich, historische Entwicklungen in der Region um die Gaesdonck historisch aufzuarbeiten, sagte van der Linden.

 

Einheitlicher Sprachraum

 

Neben den Urkundenregesten hat Hans Christoph Fennenkötter die „Gaesdonckx Cronixen“ auch bekannt unter der Bezeichnung „Gaesdoncker Priorenchronik“ neu übersetzt. Fennenkötter hatte vor 63 Jahren als Gaesdoncker Zögling die Porträts der Autoren im Refektorium hängen sehen. Unter ihnen waren Theodor Metzmecher, Gerald Arnold von Coerbeck, Johann Joseph van Afferden und Peter van Kempen.

Ihre Aufzeichnungen, die sich vielfach um die Sorgen – vor allem materielle – der Zeit drehten, gaben Fennenkötter einen Einblick in die Zeit ab 1610. Die Aufzeichnungen enden kurz vor der Säkularisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Priorenchronik ist im Hochholländischen „mit Brabanter Färbung“ wiedergegeben, sagte Fennenkötter. Für ihn ein Indiz, dass man einerseits die Schriften einer breiten Schicht zugänglich machen wollte, und dass es andererseits in der Region Gaesdonck einen einheitlichen niederländischen Sprachraum gab.

Eines habe ihn als gebürtigen Westfalen gewundert, sagte Fennenkötter: Obwohl die niederrheinische Region schon lange zum Bistum Münster gehöre, gebe es so gut wie keine Spuren davon in der Chronik. Dagegen erhalte man einen großen Einblick in das Leben der burgundischen Welt.

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