Matthias Sellmann zum Synodalen Weg

Nicht auf dem Schlauch stehen!

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Der Synodale Weg ist umstritten und erntet von vielen Seiten Kritik. Wer allerdings nicht mit den Reformideen zufrieden ist, sollte selbst konkrete, mehrheitsfähige Vorschläge machen, statt nur „heiße Luft“ zu produzieren, kommentiert Professor Matthias Sellmann.

Bekanntlich befindet sich die katholische Kirche in Deutschland auf dem Synodalen Weg. Mit einer durchdachten Konzeption konzipieren über 200 mandatierte Persönlichkeiten des hiesigen kirchlichen Lebens seit 2019 Schritte gegen Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt. Viele verfolgen, was auf dem „Weg“ geschieht. Und die Meinungen gehen auseinander. Die einen atmen auf: Endlich kommen die Themen auf den Tisch. Die anderen protestieren: völlig falsches Vorgehen. Und vielen dazwischen ist es egal.

Der Synodale Weg scheidet also die Geister. Darum ist er ein Paradebeispiel für kirchliche Konfliktkultur. Hierauf bezieht sich mein Gesprächsbeitrag. Ich möchte einen Vorschlag machen, wie wir die zweifellos vorhandene Polarisierung der Meinungen kons­truktiver nutzen können.

Als Synodaler nicht zimperlich sein

Der Autor
Matthias Sellmann, Jahrgang 1966, ist Theologe und Sozialwissenschaftler, Professor für Pastoral­theologie an der Ruhr-Universität Bochum, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des Synodalen Weges. Er ist zudem Berater der Deutschen Bischofskonferenz und Direktor des Zentrums für angewandte Pastoralforschung.

Denn zimperlich darf man als Synodaler nicht sein. Ich gehöre ebenfalls dazu. Mit den anderen arbeite ich an konkreten Reformvorschlägen. Und natürlich gilt auch für mich das schöne Wort: „Wem es in der Küche zu heiß ist, der sollte nicht Koch werden.“

Trotzdem ist aber heiße Luft kein Wert in sich. Und die Gegner des Synodalen Weges teilen mit harten Bandagen aus. Alles an Spott scheint erlaubt. Die Synodalen werden als „bloße Kirchenfunktionäre“ verspottet, als „naiv“, „bischofshörig“, als willige Opfer von „Beteiligungssimulation“, als theologisch unter Niveau, als Kirchenspalter. Man meint es als Schimpfwort, wenn man uns als „zweite evangelische Kirche“ bezeichnet. Und Kurienkardinal Koch hat uns neulich sogar mit der blinden Machtanpassung vieler nationalsozialistischer Christen verglichen.

Mehrheitsfähige Vorschläge nötig

Was mir auffällt: Kein einziger dieser Beiträge hat etwas Substanzielles gekocht. Alles heiße Luft. Keiner der Genannten hat einen mehrheitsfähigen Vorschlag gemacht, wie man die Krise denn nun bearbeiten soll. Von FAZ bis Vatikan und von Maria 1.0 bis Kirchenrecht gleichen die hier Gemeinten jenen Feuerwehrleuten, die den löschenden Kollegen zurufen: So nicht! Nehmt anderes Wasser! Das Haus brennt woanders! Man muss das Löschen anders begründen! So haben wir ja noch nie gelöscht! Oder, angesichts des sexuellen Missbrauchs besonders zynisch: Es gibt wichtigere Häuser!

Darum mein simpler Vorschlag: Wer sich zu einem Thema des Synodalen Weges äußert, möge bitte vorschlagen, wer was bis wann exakt verändern soll. Und wer das nicht macht, möge den anderen bitte nicht auf dem Schlauch stehen.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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