Bischof von Münster leitet deutschsprachigen Arbeitskreis

Noch eine Woche Jugendsynode: Bischof Genn zieht Zwischenbilanz

Am 28. Oktober endet im Vatikan nach fast vier Wochen die Bischofssynode zur Jugend. Was im Abschlussdokument stehen könnte und welche Rolle die Themen Frauen, Berufung und Missbrauch spielen, sagt Bischof Felix Genn aus Münster.

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Am 28. Oktober endet im Vatikan nach fast vier Wochen die Bischofssynode zur Jugend. Was im Abschlussdokument stehen könnte und welche Rolle die Themen Frauen, Berufung und Missbrauch spielen, sagt Bischof Felix Genn aus Münster. Der Vorsitzende der Kommission für geistliche Berufe und kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz moderiert den deutschsprachigen Synoden-Arbeitskreis.

Bischof Genn, Berufung ist eines der großen Themen dieser Bischofssynode. Sie haben selbst lange Zeit Priesterkandidaten begleitet, sind in der Bischofskonferenz für den Bereich Berufung zuständig. Was war für Sie neu?

Dass tatsächlich weltweit stark die Meinung vorherrscht, Berufung sei nur auf Priesterdienst und Ordensleben bezogen. In der Synode wird viel um eine Weitung des Begriffs gebeten. Für uns deutsche Bischöfe ist das selbstverständlich; spätestens seit dem Zweiten Vatikanum geht es um die Berufung aller zur Heiligkeit. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass es auch um die spezielle Berufung zur Nachfolge in den sogenannten evangelischen Räten und des Priestertums im Dienst am Volk Gottes geht.

In Deutschland und vielen anderen Ländern haben Orden und Priesterseminare seit Jahrzehnten Nachwuchsprobleme...

Ich denke, je mehr sich alle Getauften bewusst werden, dass sie eine Berufung als Christen in der Welt und für die Welt haben, werden Priesteramt und Ordensleben auch wieder lebendiger werden. Auf junge Menschen strömt heute sehr viel ein, die Auswahlmöglichkeiten sind groß. Es gibt Probleme, das Richtige zu wählen und eine endgültige Bindung einzugehen.

Immer wieder angesprochen wurde das Thema Missbrauch. Sie haben in Ihrem Beitrag vor „geistlichem Missbrauch“ gewarnt, auch eine Formulierung im Arbeitsdokument der Synode kritisiert, die von jungen Leuten „Folgsamkeit dem Lehrer gegenüber“ fordert. Wie schätzen Sie die Chance auf Umdenken ein?

Ich bin überzeugt, dass sich etwas ändert. Das habe ich am Echo gemerkt. Jeder Missbrauch durch Verantwortliche der katholischen Kirche ist geistlicher Missbrauch, da er in einem seelsorglichen Kontext geschieht. Das ist Macht- und Vertrauensmissbrauch, der bis hin zu sexuellem Missbrauch gehen kann. Dazu kommt, was ich speziell mit „geistlichem Missbrauch“ meine: Anderen sagen, was ihr Lebensweg sein soll. Folgsamkeit gegenüber dem Lehrer ist als Begriff auf jeden Fall missverständlich. Wenn der zu Begleitende deutlich spürt, dass nicht der Pfarrer, der Mensch XY spricht, der mir etwas aufdrücken will, sondern im Gespräch das Wirken des Heiligen Geistes für beide vernehmbar wird, dann kann ich eine solche Folgsamkeit gut akzeptieren. Das ist aber schon sehr subtil.

Im Zusammenhang mit Missbrauch wird immer wieder genaue Prüfung von Priesteramtskandidaten genannt. Was muss sich in Deutschland noch tun?

Aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich sagen: Da hat sich viel getan. Man muss genauer beobachten, ob auch menschliche Motive - etwa eine sakrale Stellung zu haben, oder in einer Familie aufgehoben zu sein, die mich nicht erwachsen werden lässt - bei Bewerbern eine Rolle spielen. Ich vertraue da meinem Regens.

Bei der Synode wird immer wieder auch ein Stimmrecht für Frauen und andere Beteiligte der Bischofssynoden gefordert. Könnte es das künftig geben und wann?

Es gibt nicht geweihte, höhere Ordensobere, die bei dieser Synode mit abstimmen können. Da stellt sich zu Recht die Frage, warum beteiligte Frauen als Ordensobere dieses Recht nicht auch haben könnten. Das verstehe ich nicht. Ich kann mir kirchenrechtliche Gründe vorstellen, aber angesichts der drängenden Frage, wie auch Frauen Anteil an Leitungsdiensten in der Kirche haben, scheint mir das ein Problem, das man lösen könnte. Das zweite ist: Es ist eine Bischofssynode, nicht eine Synode aller Gläubigen. Hier geht es darum, die Betroffenen so viel wie möglich mitsprechen zu lassen. Das müsste weiter vervollkommnet werden. Wichtig ist schon einmal, dass wir eine positive Stilveränderung feststellen können. Die drängenden Fragen sind für mich nicht diese rechtlichen Fragen, aber daran könnte etwas sichtbar werden.

Kommende Woche soll das Abschlussdokument veröffentlicht werden. Was erwarten Sie sich davon?

Der Zielpunkt hat sich noch nicht herauskristallisiert. Es ist ein echtes Suchen. Es entspricht dem, was der Papst will: Wahrnehmen, in die Deutung finden und das wählen, was sich gezeigt hat. Ich bin gespannt - auch, weil es so viele verschiedene Beiträge gibt.

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