Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ (4) - ein Single

Keine Partnerin, keine Kinder: Mich gibt es in dieser Kirche nicht

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In einem kommentierenden Beitrag geht Redakteur Jens Joest auf die Situation allein lebender Menschen in der Kirche ein. Ähnlich wie ihm dürfte es mancher und manchem anderen gehen. Die Angebote für Singles sind nicht gerade üppig. Andere Zielgruppen sind mehr im Blick, meint der Autor.

Mich gibt es in dieser Kirche nicht. Obwohl ich in einer kirchlichen Redaktion arbeite, obwohl ich mich auch ehrenamtlich engagiere.

Ich bin Single. Nicht todunglücklich, aber auch nicht zu 100 Prozent freiwillig. Menschen wie mich dürfte jeder kennen. Gerade in Städten gibt es viele von uns. Studierende, junge Berufstätige, Ein-Personen-Haushalte.

Dass die Kirche uns „auf dem Schirm“ hat, bezweifle ich. Das Sakrament der Firmung soll Katholiken ja in ihrem Glauben bestärken. Das müssen Gefirmte allerdings ziemlich alleine hinbekommen.

Wer heiratet, bekommt ein Angebot

Denn wer nicht einem Jugendverband angehört, der flutscht nach der Firmung rasch durchs Netz. Erst wenn Menschen heiraten möchten, macht die Kirche wieder ein individuelles Angebot. Auch wer eine Familie gründen, Kinder im Glauben begleiten will, ist bei der Kirche gut aufgehoben: Taufe, Kindergottesdienste, Familienkreise – da leisten vor allem Pastoralreferentinnen und etliche Ehrenamtliche Hervorragendes.

Aber gibt es Angebote für Singles? Die schwimmen so mit, bestenfalls. Nach ihnen fischt zwar niemand. Aber wenn sie Gottesdienste besuchen, sich einem Verband anschließen, den Vortrag im Pfarrheim anhören, sich vielleicht in Gremien wählen lassen – gerne doch! In der Fischerei würde man uns „Beifang“ nennen.

Ich brauche keinen katholischen Dating-Abend

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich ganz persönlich brauche weder einen katholischen Dating-Abend noch Angebote wie Reisen, wo mehr oder weniger deutlich durchscheint: „Vielleicht bist du ja anschließend kein Single mehr.“

Ich frage mich lediglich, ob die Kirche nicht eine Chance vergibt, wenn sie Singles übersieht. Eine Chance, bei Menschen mittleren Alters Fuß zu fassen, die ich nur selten bei Angeboten meiner Pfarrei treffe. Eine Chance, in städtischen Milieus als relevant wahrgenommen zu werden, weil Singles erleben: Die Kirche bemerkt, dass es unsere Lebensform und -situation gibt.

"Was denn noch alles?"

In den vergangenen Jahren sind manche Angebote für „junge Erwachsene“ entstanden, für die Zwanziger und jungen Dreißiger. Gut so! Den kreativen Köpfen hinter diesen Projekten traue ich zu, auch in Richtung von Singles Ideen entwickeln zu können.

Ja, ich weiß: „Was denn noch alles? Wir haben doch jetzt schon kaum Leute für unsere Angebote! Und dann noch was Neues anfangen?“ Nicht jeder Pfarrei wird das gelingen, schon personell. Aber mehrere Gemeinden gemeinsam? Ein Angebot von fünf Pfarreien für eine ganze Stadt?

Es bleibt eine Abwägung. Klar ist aber: Wenn Kirche nicht aktiv auf Menschen zugeht, kommen sie nicht. Und damit bleiben nicht nur manche Singles ein wenig einsam, sondern auch manche Gemeinden – spätestens, wenn in zehn, zwölf Jahren die heutigen Älteren vielleicht nicht mehr da sind.

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