Ausstellung in Oldenburger Kapelle

Kunst auf dem Friedhof - gegen Traurigkeit und Angst

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Ihre Bilder zeugen von Angst, aber auch von Hoffnung. Einige hat Elisabeth Korbmacher bei Aufenthalten in der Klinik gemalt. Noch bis Ende September zeigt die psychisch erkrankte Künstlerin sie in der Kapelle auf dem katholischen Friedhof der Stadt Oldenburg. Damit will sie sich und anderen helfen.

Als Erstes zeigt sie drei Bilder mit Texten darauf. Jeweils eine Strophe aus „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ ist auf den kleinen Leinwänden zu lesen, auf die sie mit Aquarellfarben den Hintergrund gemalt hat. Und dazu mit Acrylstiften jeweils die Umrisse eines winzigen Menschen in dem Farbenspiel, das Wolken, Wind und Natur erahnen lässt.

„Die habe ich in der Klinik gemalt“, sagt Elisabeth Korbmacher. Mehrfach hat die 37-Jährige dort schon Hilfe gesucht und gefunden. Gegen ihre Angstzustände und Depressionen, die sie irgendwann gezwungen haben, ihren Beruf als Lehrerin aufzugeben. Seither ist Malen ihre wichtigste Art, sich auszudrücken.

Ausstellung noch bis Ende September

„,Von guten Mächten‘ – das haben unsere Eltern uns immer vor dem Schlafengehen vorgesungen“, sagt die junge Frau. Sie nennt es ein nahes Lied für sich. „Ich wollte es immer schon mal in Bilder umsetzen. Und ich dachte, es passt gut in die Ausstellung in einer Kapelle.“

Genauer: in einer Friedhofskapelle. Denn dort sind ihre Bilder bis Ende September zu sehen: auf dem katholischen Friedhof der Stadt Oldenburg. Es ist das erste Mal, dass Elisabeth Korbmacher eigene Bilder öffentlich zeigt. Die oldenburgische St.-Willehad-Pfarrei sei sofort einverstanden gewesen mit der Idee einer Ausstellung unter dem Titel „Mensch, wer bin ich?“.

Elisabeth Korbmacher ist aufgewachsen in einem Pfarrhaus

Warum sie die Bilder ausgerechnet an einem kirchlichen Ort zeigt? Elisabeth Korbmacher muss nicht lange überlegen. Als Kind habe sie immer Kontakt gehabt zur Religion. Beide Eltern sind Pastoralreferenten. „Ich bin in einem Pfarrhaus aufgewachsen“, sagt die junge Frau. „Und ich weiß natürlich, dass es negative Seiten der Kirche gibt. Aber ich habe auch viele der positiven Seiten erlebt: dass man sich für andere interessiert, dass andere einem nicht egal sind, auch das Miteinander.“

Dazu kam: „Kunst zu machen, tut mir gut. Sie macht mich stärker“, sagt die Frau, die bis zu ihrer Erkrankung Kunst, Wirtschaft und Werte und Normen an einer Oberschule unterrichtet hat. Sie spürt das besonders, wenn sie zum Beispiel versucht, einen Text in ein Bild umzusetzen. Sich dafür damit künstlerisch auseinanderzusetzen, das sei etwas anderes, „als wenn ich den Text nur lesen würde.“

Kreativität hilft ihr im Umgang mit ihrer Krankheit

Die Kreativität hilft ihr auch im Umgang mit ihrer Krankheit. So sei es ihr im Moment eigentlich so gut wie unmöglich, mit fremden Menschen zu sprechen. Außer, wenn es um ihre Bilder geht, ihre Gedanken dazu, ihre künstlerischen Techniken. Da sprudeln ihre Worte nur so hervor. „Bei meiner Kunst ist mir auch nichts peinlich oder so. Ich bin sogar stolz darauf und kann dahinterstehen.“

Hinter den Selbstporträts ebenso wie hinter dem Bild eines Paradiesvogels oder den Bildern mit Hühnerköpfen, die sie mit Blattmetall belegt hat. Oder zu dem Bild über ihre Seelenzustände: Ein Mensch, der über ein Seil balanciert, das im ersten Bild sehr dünn und im letzten sehr dick und sicher wirkt.

Schau hilft ihr

Das solle die Dinge darstellen, die sie erlebe und die sie mit der Zeit immer sicherer werden ließen, sagt sie. Die Tagesstätte für psychisch Erkrankte, die sie jede Woche von Montag bis Freitag besucht, die Wohnassistenz, die sie im Alltag unterstützt. Und auch die Schau ihrer Bilder, die ihr helfe und ihr Selbstbewusstsein stärke.

Dass ihre erste Ausstellung auf einem Friedhof gezeigt wird – das störe sie überhaupt nicht. „Ich hatte da nie Berührungsängste“, sagt Elisabeth Korbmacher und erzählt von ihrer Grundschulzeit: „Der kürzeste Weg zur Schule führte über einen Friedhof. Manche Mitschüler fanden es gruselig, da rüberzugehen. Ich selbst nie.“

Elisabeth Korbmacher will Hoffnung schenken

Was können ihre Bilder anderen vermitteln? „Hoffnung vielleicht“, sagt Elisabeth Korbmacher und nickt. „Ja, Hoffnung. Für die Menschen, die sich die Ausstellung ansehen und für mich selbst, weil meine Kunst auch mir selbst Hoffnung gibt.“

Und auch den Trauernden, die sich in der Woche immer wieder zum Abschiednehmen in der Friedhofskapelle versammeln. Zum Beispiel die Bilder mit den Worten: „Ich sehe Dich“,  „Ich höre Dir zu“, „Ich nehme Dich ernst“ und: „Ich fühle mit Dir.“

Die Ausstellung
Die Kunstausstellung „Mensch, wer bin ich?“ ist noch bis zum 30. September in der Kapelle auf dem katholischen Friedhof der Stadt Oldenburg zu sehen. Sie ist geöffnet montags, mittwochs und freitags von 7 bis 15 Uhr, dienstags und donnerstags von 7 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr.

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